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Arbeitstage und Feiertage
von Hans Carl von Haebler

LeerEin Leser fragt an, was ich zu dem Vorschlag eines Pastors (in „Kirche und Mann”, Februar 1962) meine, man sollte statt der über das ganze Jahr verstreuten kirchlichen Feiertage dem Arbeitnehmer lieber vier Wochen bezahlten Urlaubs gewähren. Die vielen Feiertage überforderten den Prediger und würden von der großen Menge doch nur zu weltlichen Unternehmungen benutzt.

LeerNun komme ich, auch wenn ich die arbeitsfreien Feiertage der evangelischen und katholischen Kirche zusammenzähle, nicht auf vier Wochen, sondern nur auf etwa zehn Tage. Aber das ändert nichts daran, daß der Prediger oft genug, und besonders in der Weihnachtszeit, überfordert wird. Nur scheint mir die Schlußfolgerung falsch: Es muß ja nicht immer gepredigt werden, und, statt Feiertage abzuschaffen, sollte man sich darauf besinnen, daß Gottesdienst auch in der Form einer Messe oder Andacht möglich ist und daß es heute viele Christen gibt, die gerade nach dieser Form verlangen. Schließlich haben die kirchlichen Feiertage ihr besonderes Gesicht und ihre besondere Botschaft, und der Verzicht auf sie würde zu einer großen Verarmung der Kirche und zur völligen Einebnung des Kirchenjahres führen.

LeerDer Pastor schließt mit der lapidaren Erklärung: „Sechs Tage sollst du arbeiten und einen Tag feiern. Was darüber ist, das ist vom Übel”. Dazu fragt nun der Leser, wie wir im Hinblick auf dieses Gebot die Woche zu fünf Arbeitstagen vertreten und wie wir andererseits die Sieben-Tage-Woche begründen können, wenn die Aussage der Bibel, daß die Schöpfung in sieben Tagen erfolgte, nicht wörtlich zu nehmen ist. Daß die Siebenzahl als heilige Zahl schlechthin gilt und daß sie, die Dreizahl Gottes und die Vierzahl der Welt in sich vereinigend, die Fülle symbolisiert, wird den modernen Menschen weniger interessieren als der Umstand, daß sie im Rhythmus des Lebens eine Rolle zu spielen scheint. Die Woche mit fünf Tagen fremdbestimmter Arbeit bleibt in diesem Rhythmus, wenn der sechste Tag der häuslichen Arbeit gewidmet wird; sie würde eine Störung des Rhythmus bedeuten und die besondere Bestimmung des Sonntags als des Tages des Herrn verdunkeln, wenn man nur zwischen Tagen der Arbeit und Tagen des Vergnügens, Tagen des Verdienens und Tagen des Ausgebens unterscheiden würde, mit der Tendenz, die Arbeit auf immer weniger Tage zusammenzudrängen und das Leben nicht mehr unter dem Gesichtspunkte des Dienstes und Opfers zu führen, sondern unter dem eines angenehmen Zeitvertreibs.

Quatember 1963, S. 47

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-03-13
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