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Neues Verständnis für die Religionen in der Theologie
von Reinhard Mumm

LeerEnde Oktober des vergangenen Jahres trat in Berlin der „Theologische Konvent Augsburgischen Bekenntnisses” unter dem Vorsitz von Bischof D. Krummacher zusammen. Dieser Konvent ist eine Gründung der Nachkriegszeit mit dem Ziel, lutherische Theologen verschiedener Kirchen zum gegenseitigen Austausch zusammenzuführen. Der Tagungsort machte es möglich, daß auch Theologen aus dem Bereich der DDR kommen konnten, während die West-Berliner auf eine Teilnahme leider verzichten mußten. Das Thema „Theologie der Religionen” wurde von Prof. Dr. Andersen, dem Rektor der Theologischen Hochschule in Neuendettelsau, behandelt mit einem Beitrag über den Einfluß der Theologie Karl Barths, der von der alleinigen Offenbarung Gottes in Christus her jede „natürliche” Theologie ablehnt. Dem gegenüber müssen wir an den Aussagen der Bibel festhalten (Röm. 1), daß Gott sich auch dem Menschen, der Christus nicht kennt, nicht unbezeugt gelassen hat.

LeerBischof D. Stählin betonte in einem besonderen Votum: Wir dürfen die außerchristlichen Religionen nicht mit der allzu sehr vereinfachenden Bemerkung abtun, sie seien nur menschliche Versuche, „von unten her” zu Gott zu gelangen. Die Religion gibt ein - freilich verzerrtes - Echo auf die Offenbarung Gottes. Den Religionen liegt eine Ur-Offenbarung Gottes zugrunde. Heute ist es modern geworden, alle Religion zu verwerfen. Solche Verwerfung hat ihre Ursache - leider - in der irreligiösen Einstellung zahlreicher Theologen.

LeerProf. D. Vicedom, Neuendettelsau, zeichnete ein Bild von der neuen Sicht der Religionen in Neu-Delhi: Wir müssen uns davor hüten, zu rasch einen kritischen Maßstab anzulegen. Jede Kirche muß bestimmte Entwicklungen durchmachen. Die alte Kirche mußte durch die Periode der Gnosis gehen. Das war die synkretistische Anfechtung der frühchristlichen Zeit. Für die „jungen Kirchen” unserer Zeit sind ähnliche Entwicklungen unvermeidlich. Unsere Aufgabe ist es, Pastoren und Gemeindeglieder dahin zu rüsten, daß sie die kommenden Entwicklungen ihrer Kirche in der Umwelt der Religionen mit der Kraft des Evangeliums recht durchstehen können.

LeerIn der Aussprache wurde Wert gelegt auf den rechten trinitarischen Ansatz der Theologie gegenüber einer ausschließlich christologischen Betrachtungsweise. Die Lehre von dem dreieinigen Gott eröffnet uns die rechte Weite für die Welt der Religionen. Zugleich freilich müssen wir uns in der Ökumene gegenseitig warnen vor einem Synkretismus (Religionsmengerei), der zwar das christliche Ethos gelten läßt und die christliche Diakonie annimmt, sich aber gegen die Bekehrung zu Christus wehrt. Im Abendland taucht die Gefahr einer synkretistischen Tendenz gegenüber dem Atheismus auf; Beispiele hierfür haben wir in den beiden Teilen der politisch gespaltenen Welt vor Augen. So müssen wir nach zwei Seiten hin wachsam sein: einmal gegenüber der Tendenz, den christlichen Glauben mit den Religionen oder einem weltanschaulichen Religionsersatz zu vermischen, desgleichen aber auch die Religionen einfach zu verwerfen, und den Inhalt der christlichen Botschaft zu reduzieren auf die Maxime: „Seid nett zueinander.”

LeerEinen ausführlichen Bericht gab Oberkirchenrat H. Höpken, Oldenburg, in den „Lutherischen Monatsheften” 1962, Heft 12, Seite 585 f.

Quatember 1963, S. 81-82

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-03-13
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