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Drei Fragen an unsere Kirchen und unsere Leser
von Hans Carl von Haebler

LeerDieses Heft hat drei Schwerpunkte:

LeerDen meisten Raum nimmt das Problem der Pfarrerin ein, das gleichwohl ungelöst bleibt. Das ist mindestens ein Zeichen dafür, daß die Pfarrerinnengesetze, die in letzter Zeit verabschiedet wurden, einer gründlich erwogenen Entscheidung vorgegriffen haben. Während wir in Deutschland unreifes Obst pflücken, hat der Erzbischof von Canterbury auf einer Tagung der christlichen Studentenbewegung erklärt: „Ich sehe im Priester einen Vater, der, menschlich gesprochen, etwas von der Väterlichkeit Gottes zur Darstellung bringt. Wir verehren einen Gott und nicht eine Göttin, und unser Herr hat zwar, wie seine Sorge für seine Mutter und Maria Magdalena zeigt, die Frau hoch geachtet, aber eben doch Männer zu seinen Aposteln erwählt.” In diesen schlichten Sätzen scheint mir mehr Weisheit zu liegen als in der Voreiligkeit unserer Synoden.

LeerIn der Folge unserer Aufsätze über die Hochreligionen bringen wir zwei Beiträge zum Verständnis des Hinduismus aus der Feder von Professor Dr. Raymond Panikkar. Der indische Gelehrte, mit dem wir den Leser schon früher bekannt gemacht haben (Jahrgang 1961/62, S. 177), verfolgt nicht das Ziel, uns in den Dschungel der indischen Götterwelt einzuführen, in dem wir uns doch nur verirren würden. Er zeigt uns vielmehr, wie man auf Indisch denkt und was es heißen würde, im Sinne des Völkerapostels den Indern ein Inder zu sein. Denn für ihn ist der Hinduismus nicht eine mit dem Christentum rivalisierende Religion, sondern eine auf Christus hin angelegte Denkweise. Daß Herr Panikkar katholischer Theologe ist und als solcher scholastische Begriffe verwendet, braucht uns nicht zu beirren. Was er vorbringt, liegt ganz in der Richtung, die evangelische Inder in Neu-Delhi verfolgten. Freilich wird sich der strenge Protestantismus, der an der radikalen Verderbtheit des Menschen festhält, nicht leicht mit diesen Gedankengängen befreunden, denen Karl Rahner S. J. kürzlich in der These Ausdruck verlieh, daß auch in den nichtchristlichen Religionen Momente der Gnade angenommen werden können (Schriften zur Theologie, Benziger Verlag, Einsiedeln 1962, Band V S. 143). Aber wie wäre ein echtes Gespräch mit den Religionen, wie wäre eine Erlösung des Menschen, den das Evangelium nicht erreichte, möglich, wenn man Gott nicht diesen Vorgriff auf das Opfer Christi zutraute!

LeerHelmut Hochstetter gibt einen Überblick über die erste Session des Konzils, und eine Reihe von Buchbesprechungen behandelt katholische Literatur, die in diesen Zusammenhang gehört. Das Echo der evangelischen Kirchen auf das Konzil war bisher gedämpft. Der in der FAZ vom 23.Januar erschienene Aufsatz „Die diskutierende Kirche”, der von zuständiger Seite als einfach falsch und der ökumenischen Sache schädlich bezeichnet wurde und der auch der evangelischen Sache nicht dienlich war, ist nur ein Beispiel für die Instinktlosigkeit vieler Protestanten. Der Verfasser sieht die katholische Kirche in ihren Grundfesten erschüttert. Unter dem Druck der Verhältnisse müsse sie jetzt die Gewissen freigeben und rücke damit in die Nähe der Evangelischen. Doch solle man sich keinen Hoffnungen hingeben; denn Rom bleibe Rom. Diesem konfessionalistischen Kleinmut gegenüber hat nun aber Martin Niemöller von „der großen Wendung innerhalb der katholischen Kirche unter Papst Johannes XXIII.” gesprochen, Präses Scharf hat betont, daß die Christenheit die geschichtliche Stunde nur gemeinsam bestehen könne, oder sie würde sie nicht bestehen, und Prof. Lindbeck, der als Vertreter des Lutherischen Weltbundes am Konzil teilnahm, erklärte, durch die Erneuerung der römischen Kirche, die in ihrer Praxis evangelischer werden könne als die evangelischen, seien diese aus aller Selbstzufriedenheit herausgefordert (KNA). Mit bloßer Kritik ist es nicht mehr getan. Glauben heißt wagen.

Quatember 1964, S. 96

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-12-02
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