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von Walter Lotz |
Im Januar-Heft der Lutherischen Monatshefte berichtet Christian Vasterling von einer Wiederbelebung des im Hannoverschen niemals völlig abgekommenen Ministrantendienstes, der früher im Zusammenhang mit der „Chorpflicht” der Jugendlichen vom achten bis zum sechzehnten Lebensjahr stand. Den Chorknaben fielen neben dem Gesang liturgischer Chorstücke mancherlei konkrete Dienste bei Amtshandlungen und Gottesdiensten zu. Der Stimmbruch der Knaben im Konfirmandenalter bereitet dem liturgischen Chordienst in diesen Jahren große Schwierigkeiten, obwohl die neuen Agenden für einen aus der alten Chorpflicht erwachsenen Jugendchor genügend Aufgaben nachweisen, die einen Einsatz auf diesem Gebiet lohnen. Der Dienst von Chorknaben als Ministranten im Konfirmandenalter und in den Jahren nach der Konfirmation stellt jedoch für das allgemeine Bewußtsein ein solches Novum dar, daß die Möglichkeit des Anknüpfens an altes lutherisches Brauchtum kaum noch erkannt wird. Der Bericht von Vasterling weist auf ermutigende Erfahrungen und Möglichkeiten hin, die weithin dem entsprechen, was auch anderen Orts, zum Beispiel in der Universitätskirche zu Marburg, sich in mehr als einem Jahrzehnt an Ministrantendienst entfaltet und bewährt hat. Vasterling schreibt: „Es ist allgemein bekannt, mit welcher Sorgfalt sich die Katholiken, aber auch die Anglikaner um den Ministrantendienst der Jugend bemühen. Sie gehen dabei von der Auffassung aus, daß der ganze Mensch mit Geist, Leib und Seele wie auch die ganze Gemeinde mit allen Altersstufen ihrer Glieder aktiv am Gottesdienst beteiligt sein muß. Damit wird ein wesentlicher Grundsatz des allgemeinen Priestertums aller Gläubigen verwirklicht. Der Altardienst von Kindern und Jugendlichen hat seine biblische Begründung in der Tatsache, daß Christus selbst sich durch einen Knaben bei seiner sakramentalen Speisung der Fünftausend hat dienen lassen (Joh. 6, 9). Zum Ministrantendienst gehören praktische Handreichungen wie das Herzutragen von Opfer, Brot und Wein; das Halten der Agende, das Anzünden und Tragen von Kerzen oder eines Vortragekreuzes, auch das Knien am Altare bei den Gebeten, bei denen die Gemeinde knien sollte, aber wegen der fehlenden Kniebänke nicht knien kann; das Geleit der Liturgen und schließlich unter Umständen auch der Dienst mit dem Rauchfaß. Als gottesdienstliche Tracht für die Ministranten kommt die Chorkleidung der verschiedenen kirchlichen Knabenchöre in Frage oder ganz einfach der schwarze Kurrenderock mit dem darüber getragenen weißen Chorhemd, eine schlichte evangelische Ministrantenkleidung, wie sie neuerdings auch in der römisch-katholischen Kirche als „Altenberger Ministrantenkleidung” mehr und mehr in Gebrauch kommt. Vasterling weist auf die Notwendigkeit einer sorgfältigen Vorbereitung der Einführung solcher Dienste hin. In Verkündigung und Seelsorge, im Kindergottesdienst und Konfirmandenunterricht, aber auch im Kirchenvorstand und in den Mitarbeiterkreisen muß die Wiederaufnahme solcher Dienste, die als „Neuerung” erscheint, gründlich und von langer Hand vorbereitet sein. Er kann aber auch berichten, daß die Gemeinde nach sieben Jahren langsamer Aufbauarbeit sich nicht nur an diesen neuartigen Dienst gewöhnt hat, sondern auch versteht, daß darin eine starke Hilfe für ihre eigene aktive Beteiligung im Gottesdienst liegt und daß sich der Dienst vor allem für die beteiligten Jugendlichen selbst segensreich auswirkt. Der sehr dankenswerte Bericht könnte eine Ermutigung sein, auch an anderen Orten, die auf diesem Gebiet liegenden Möglichkeiten einer Intensivierung der praktischen Beteiligung der Gemeinde am Gottesdienst zu er wägen und zu fördern. Quatember 1963, S. 129-130 |
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