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Glaube, Hoffnung, Liebe
von Wilhelm Stählin

LeerEin Briefwechsel: „In 1. Kor. 13, 13 heißt es: ‚Nun aber bleibet Glaube, Hoffnung, Liebe.’ Was bedeutet hier das Wort ,bleiben'? Ist nicht Hoffnung auf das jetzige irdische Leben beschränkt? In der Vollendung brauche ich doch nicht mehr zu hoffen, was ich dann habe. Oder soll damit gesagt sein, daß das christliche Sein auch in der Vollendung nicht ohne Hoffnung sein wird, nicht ohne die Hoffnung nämlich, daß Gott alles, was er geschenkt hat, in Ewigkeit erhalten wird?” -

LeerMeine Antwort: Ich glaube, daß dieses Wort des Apostels einfacher verstanden werden kann. Gewiß bezeichnet das Wort „bleiben” in der Bibel oft einfach die Dauer, die keiner Veränderung und keinem Vergehen mehr unterworfen ist; z. B. Psalm 92, 9; 102, 27 und an vielen anderen Stellen. Aber das Wort hat außerdem (mindestens) zwei spezifische Bedeutungen, die über die bloße zeitliche Dauer hinausreichen. An vielen Orten bezeichnete das Wort „bleiben” jene ausharrende Geduld und Treue, die im Gegensatz zu jeder Wankelmütigkeit und jedem Rückfall in einen alten, schon überwundenen Zustand des Lebens steht; so mahnt der Herr seine Jünger zu bleiben in seiner Liebe (}oh. 8, 21; 15, 4), und unter den Briefen des Neuen Testaments ist besonders der erste Johannesbrief durchzogen von dieser Mahnung: „Bleibet in ihm” (2, 28; vgl. Hebr. 13, 1). Außerdem aber hat das Wort bleiben ein spezifisches Gewicht als die Rede von dem, was vor dem Angesicht Gottes gilt und vor seinem Gericht bestehen kann. So an vielen Stellen der Psalmen (1, 5; 5, 5 usw.); am deutlichsten 1. Kor. 3, 14 von dem Werk, das im Gericht Gottes nicht zu Schanden wird. In diesem Sinn glaube ich 1. Kor. 13, 13 verstehen zu sollen: im Unterschied von den (oft so fragwürdigen und darum vergänglichen) außerordentlichen Geistesgaben „bleiben” (nämlich vor dem Endurteil Gottes) nur Glaube, Hoffnung, Liebe; also im gleichen Sinn wie Röm. 5, 5: Hoffnung läßt nicht zuschanden werden. Von der Frage, ob auch das Leben in der Auferstehung die Gestalt der Hoffnung haben wird, finde ich nichts in diesem Wort des Apostels angedeutet, und es besteht jedenfalls nach meiner Meinung kein Anlaß zu den Spekulationen, die Sie an diese Stelle geknüpft haben.

Quatember 1964, S. 188

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-12-03
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