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Etwas zu schwarz
von Hans Carl von Haebler

LeerUnter der Überschrift „Etwas zu schwarz” brachte der „Sonntag”, das kirchliche Gemeindeblatt für Sachsen, eine hübsche Betrachtung, der wir folgendes entnehmen:

Leer„Schwarz ist eine Farbe, sagen die Leute, die nicht viel von Farbe verstehen. Fachleute nennen Schwarz die Verneinung aller Farben. Es ist die Unfarbe. Und das wird wohl stimmen.

LeerDie Kinder versuchen beim Spiel mit List und Tücke den Schwarzen Peter ihrem Gegner zuzuschieben. Mancher Erwachsene sieht so schwarz, daß an seinem Horizont nicht einmal der seit Gustav Stresemann sprichwörtlich gewordene Silberstreifen erkennbar ist. Andere fahren oder hören schwarz. Aber das lohnt sich nicht. Und die Leser unseres Blattes sind sowieso brave Leute.

LeerAuf alle Fälle erkennt man von weitem den Pfarrer an seiner Schwärze: schwarzer Hut, schwarzer Mantel, schwarzer Anzug, schwarzer Brillenrand, schwarze Aktentasche, schwarze Bücher. Finden Sie nicht auch: etwas zu schwarz? Was haben sie nur in jenem Lande gemacht, wo der Heiland lebte? Da hatten sie von all dem rein gar nichts. Nicht einmal einen schwarzen Gürtel um ihre taghellen Gewänder. Aber sie hatten auch noch keine beinahe zweitausendjährige Erfahrung und Tradition in den Dingen der Kirche. Zweitausend Jahre werfen viel Schatten. Und das schwärzt das hellste Gewand ein.

LeerAm Karfreitag verlor die Sonne ihren Schein und damit alles seine Farbe. Aber seit Ostern leuchtet sie wieder. Seit Ostern hat die Welt wieder Farbe. Wir freuen uns darum auch von Herzen über die Aufhellung der Kirchen und Betsäle. Und mittendrin ein Mann im tiefsten Schwarz? Am Altar, Kanzel, Lesepult grüßen Farben im Wechselspiel des Kirchenjahres. Aber vor dem Amtsgewand macht die Farbe halt. Ist es so heilig und unantastbar? Neulich sah ich einen feierlichen Zug zu einer Kirche wallen. Voran viele Pfarrer. Wie eine mächtige schwarze Woge brandete es heran. Sofort dachte man an eine Beerdigung. Aber es war keine.

LeerOb unsere frohen Botschafter nicht doch etwas zu schwarz sind? Was meinen Sie? Ich denke, man sollte ihnen ein wenig mehr Weiß als nur die Bäffchen gönnen. Vielleicht sogar über den Talar einen Widerschein der liturgischen Farbe des Sonntags erkennen lassen? Oder haben Sie etwa auch Angst, wir würden dann katholisch? Da sehen Sie bestimmt zu schwarz.”

Quatember 1964, S. 191

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-12-03
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