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Presbyter
von Walter Stökl

LeerIn Staat und Kirche geht man überall an eine Herabsetzung des Lebensalters für das aktive und passive Wahlrecht heran. Man sucht durch Auswahl schockierend junger Wahlkandidaten, Abgeordneter und Minister das Handicap der Überalterung zu überwinden. Das gilt auch für kirchliche Synoden, Bischöfe und andere kirchlichen Vorsteher. Auf der untersten Ebene aber hemmt hier ein falscher Sprachgebrauch, der sich eingeschlichen hat. Man redet von den „Ältesten”, und tatsächlich sind viele Kirchenvorstände oder Presbyterien eine Gerontenversammlung, eine Gerousia der Gemeinden. Will man nun mit Recht junge Menschen in die leitenden verantwortlichen Organe der Gemeinde hineinbringen, ist es lächerlich, sie „Älteste”, „Kirchenälteste” zu nennen. So ein junger Mensch hat es an sich schwer, sich in solch einem Gremium alter würdiger Männer, meist Pensionisten, durchzusetzen. Und nun soll er auch noch „Presbyter” „Ältester” sein!

LeerDabei ist Ältester auch keine korrekte Übersetzung von Presbyter. „Presbyteros” ist der Ältere. Die Katholiken haben jetzt auch Kirchengemeinderäte. Aber sie kommen nicht auf den Gedanken, von Presbyterien und Ältesten zu reden. Presbyter ist für sie richtigerweise der Mittlere in der hierarchischen Trias Bischof (episkopos) - Presbyter - Diakon. Aus dem Wort „presbyteros” ist das deutsche Priester, das französische prêtre entstanden. Wenn man in ökumenischem Kreis von dem Amt des Presbyters spricht, meinen Evangelische und Katholische etwas völlig verschiedenes. Unsere „Presbyter”, „Ältesten” haben kaum ein Bewußtsein davon, daß sie Mitpriester mit ihrem Pfarrer sind. Eigentlich ist ja der Pfarrer episkopos, umgeben von den Presbytern. In der katholischen Kirche hat aber der Bischof die Presbyter und Diakone als seine Helfer und Mitarbeiter wie in altchristlichen Zeiten.

LeerEine Anpassung im Sprachgebrauch würde die ökumenischen Beziehungen erleichtern, und das leider oft richtige, aber sicher nicht erstrebenswerte Bild von den „Ältesten” im Presbyterium einer Einzelgemeinde, sollte korrigiert werden.

Quatember 1972, S. 63-64

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 12-10-10
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