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von Franz-Josef Trost |
Die dritte römische Weltsynode im vergangenen Herbst hat nicht nur bei den 208 Synodalen aus mehr als 100 nationalen Bischofskonferenzen, sondern auch in weiten Kreisen der katholischen und nichtkatholischen Öffentlichkeit Unbehagen und eine gewisse Enttäuschung hinterlassen. Am Ende der fünfwöchigen Beratungen wurde ein mageres Ergebnis präsentiert. Dafür lassen sich verschiedene Ursachen anführen. An Offenheit und Freimut während der Vollversammlungen, bei denen der Papst fast immer anwesend war, hat es nicht gefehlt. Die Dinge wurden beim Namen genannt. Das hat der „Operation Synode”, einem Zusammenschluß progressiver Priester- und Laiengruppen, für ihre kritische Begleitung der Synode viel Wind aus den Segeln genommen. Die Argumente der „kontestierenden” Priester waren auch die Argumente der Synodalen und wurden in der Synodenaula laut und deutlich ausgesprochen. Die Mahnung des Papstes zur Eröffnung der Synode, die Bischöfe möchten sich bei ihren Beratungen durch keinen Druck von außen bestimmen lassen, hätte angesichts des mangelnden Einflusses der „Operation Synode” unterbleiben können. Trotz oder vielleicht wegen der offenen Diskussion während der Beratungen fragten sich viele Synodale am Schluß der Synode, weshalb sie überhaupt nach Rom gekommen seien. Denn was sie von Rom mit heimnehmen konnten, war weniger als dürftig. Zunächst läßt sich sagen, daß die Synode bei der zu bewältigenden Thematik, der sich immer dringender stellenden Priesterfrage und dem Problem der Gerechtigkeit in der Welt angesichts der sozialen und politischen Not in den Entwicklungsländern und der dafür angesetzten Beratungszeit schon rein zeitlich überfordert war. Diese zeitliche Überforderung wurde verstärkt durch die derzeitige Prozedur der Synode, in der der Hauptakzent auf den Vollversammlungen mit ihren langen Ketten ermüdender Monologe lag. Die Synode mußte übrigens um eine Woche verlängert werden, aber auch diese Zeit reichte nicht aus, um die Schlußabstimmungen wie geplant durchführen zu können. Für die letzte Abstimmung konnten die Abänderungsanträge aus der vorhergehenden Abstimmung nicht mehr eingearbeitet werden, so daß auf diese letzte Abstimmung verzichtet werden mußte. Bei der Behandlung des Priesterproblems, für das die Synode am meisten Zeit angesetzt hatte, stand der Zölibat im Vordergrund. Hier schieden sich die Geister. Kardinal Suenens (Brüssel) meinte, daß die Zölibatsdiskussion aufgrund des päpstlichen Verbots, während des Konzils darüber zu sprechen, fünf Jahre zu spät gekommen wäre. Allgemein wollte man an der Zölibatsverpflichtung als Regelfall für den katholischen Priester in der lateinischer Kirche (in den mit Rom unierten Ost-Kirchen ist die Mehrzahl der Priester verheiratet) festhalten. Nur eine kleine Minderheit von 20 Synodalen stimmte gegen die Beibehaltung des Zölibatsgesetzes. Unterschiedlicher Meinung war man dagegen bei der Frage, ob die Kirche auch „bewährte verheiratete Männer” zur Priesterweihe zulassen soll. Die Möglichkeit, darüber überhaupt zu diskutieren (im Konzil vor fünf Jahren war das ausdrücklich verboten worden), hatte Papst Paul in seinem Brief vom Februar 1970 an Kardinalstaatssekretär Villot auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen über diese Frage zwischen Rom und Holland zum erstenmal in Aussicht gestellt. Darin glaubte man die Tür zur Lockerung des Zölibates einen Spalt geöffnet zu sehen. Von daher hatten viele Priester und Laien, selbst Bischöfe, in die vergangene Herbstsynode Erwartungen gesetzt, zumal zum erstenmal auch 26 Priester als Vertreter der eigentlich Betroffenen dieses Themas zur Synode eingeladen waren. Bei der Mehrheit der Synodalen herrschte die Furcht vor, durch eine solche Regelung, verheiratete Männer zu Priestern zu weihen, könnte der Zölibat von innen ausgehöhlt werden. Dem sollte von vornherein ein Riegel vorgeschoben werden. Demgegenüber stand eine beachtliche Minderheit, die aus pastoralen Gründen eine solche Regelung für notwendig hielten. Diese beiden Haltungen führten zu verschiedenen Folgerungen: Einerseits verhinderten sowohl die Überbewertung des Zölibates als der einzigartigen Lebensform des Priesters bei der Mehrheit als auch die pragmatisch-pastorale Forderung nach dem verheirateten Priester bei der Minderheit die Betrachtung des theologischen und sozial-strukturellen Ausmaßes der Priesterfrage. Die Möglichkeit einer Auffächerung des kirchlichen Amtes in zölibatären Ganzheitspriester, Teilzeitpriester, verheirateten nebenamtlichen Priester, nebenamtlichen Diakon und Laien im hauptamtlichen kirchlichen Dienst wurde wegen des starren Festhaltens am Zölibat zu wenig gesehen. Die sachliche Überforderung der Synodalen zeigte sich noch mehr beim zweiten Thema über die Gerechtigkeit in der Welt, für das sich besonders die Bischöfe aus den Entwicklungsländern engagierten. Wegen dieses Themas waren acht Laien, darunter zwei Frauen, zur Synode geladen worden. Ohne deren fachliche Kenntnisse wäre das Papier zu diesem Problem noch dürftiger geworden. Bemerkenswert ist allerdings, daß bei der Behandlung dieses Themas zunächst zaghaft, dann aber doch sehr deutlich auch von der Ungerechtigkeit in der Kirche gesprochen wurde. Im wesentlichen befaßt sich dieses Papier aber mit den Problemen der Dritten Welt. Doch wurde sehr bald deutlich, daß man das Thema Gerechtigkeit nicht in seiner Allgemeinheit behandeln kann, will man sich nicht auf Allgemeinplätze beschränken, sondern daß es jeweils von der Ortskirche her angegangen werden muß. Auf eine namentliche Verurteilung ausbeutender Länder hat die Synode verzichtet. Aber hätte die Synode nicht einzelne Bischofskonferenzen in ihrem Bemühen, sich entgegen der staatlichen Politik für politische und soziale Gerechtigkeit einzusetzen, unterstützen und andere zu solchem Vorgehen ermuntern sollen? Waren die zeitlichen und sachlichen Überforderungen die Hauptursachen für den geringen Ertrag der Synode, so darf doch eine andere Ursache nicht verschwiegen werden. Die kurze Geschichte der Synode - sie ist ein Produkt des Zweiten Vatikanischen Konzils - hat gezeigt, daß sie in der jetzigen Form ihre Aufgaben, den Papst zu beraten und ihm Entscheidungshilfen zu geben, kaum erfüllen kann. Aber will man überhaupt die Synode zu einem echten Beratungsgremium des Papstes machen? Wenn man das wirklich will, dann muß man sie verkleinern, ihr entsprechende Kommissionen zur Seite geben und nicht die Kommissionsarbeit in die Vollversammlungen verlegen, wie das jetzt der Fall ist. Schließlich muß man dann auch der Synode den Vorrang vor der römischen Kurie zuerkennen. Weiter muß hinzukommen, daß die Synode eine ständige Einrichtung der Kirche wird und nicht nur durch ihr Sekretariat vertreten werden darf. Quatember 1972, S. 93-95 |
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