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Zu Heinz Beckmann - Die Zukunft der Kirche ist bekannt
von Karl Knoch

LeerZu Heinz Beckmanns Aufsatz in der vorletzten Nummer des Quatember „Die Zukunft der Kirche ist bekannt” möchte ich als Bestätigung der auf Seite 199 ausgesprochenen Gedanken folgendes mitteilen:

LeerWährend der Geistlichen Woche in Kloster Kirchberg, die Herr Pfarrer Kramer im Oktober hielt, hatte ich zweimal ein Gespräch mit Schwester Gerberga OSB, die ihren Erholungsurlaub in Kirchberg verbrachte, und mit sechs Diakonissen verschiedener Mutterhäuser ein zweistündiges Rundgespräch über die Frage, ob das Diakonissen-Wesen überholt sei oder ob es einer Erneuerung fähig sein könnte.

LeerDas Ergebnis dieses Rundgesprächs war: Eine Erneuerung des Diakonissenwesens kann nicht durch die gegenwärtigen „Neuen Ordnungen” erreicht werden - Angestellten-Verhältnis, moderne Tracht, Erlaubnis, außer Dienst in „Zivil” ausgehen zu dürfen usw. Eine Erneuerung ist nur möglich durch eine innere Umstellung. Diese müßte sich erstrecken

Leer1. Auf die innere Einstellung zum Dienst, zur Gemeinde und zur Kirche. Bisher kamen alle Diakonissenhäuser vom Pietismus her. Dieser aber war durch den Individualismus bestimmt: Bekehrung und Rettung der einzelnen Seele. Das Neue Testament hingegen stellt den Einzelnen immer in die Gemeinschaft hinein. Er ist „Stein” am Bau, „Glied” am Leib Christi. Die Diakonisse muß darum wissen, daß sie auch Glied am Ganzen ist und daß sie nur aus der Verbundenheit mit der gesamten Kirche leben kann.

Leer2. Der Leiter eines Mutterhauses sollte nicht nur Vertreter desselben nach außen sein, nicht nur Verwaltungsobmann und Oberhaupt, sondern er muß in erster Linie Seelsorger aller Schwestern sein. Er muß Zeit für sie haben, er muß sie in ihren Nöten und Schwierigkeiten verstehen und soll ihnen raten können. Daß auch die Einzelbeichte zu seinem Amt gehört, ist selbstverständlich.

Leer3. (und das entnehme ich nun dem Aufsatz:) Das Diakonissenhaus als kirchliche Gemeinschaft muß eine „exemplarische Gemeinschaft” sein. „Die in einem geistlichen Leben vereinte Gemeinschaft wird in Zukunft die einzige Anziehungskraft der Kirche (und eines Diakonissenmutterhauses) sein ... Die Volkskirche bedarf im Blick auf die Zukunft schon heute solcher gemeinschaftlichen Gruppierungen in ihrer Mitte, damit sie wieder Leben hat... Es muß der Versuch unternommen werden, die Weite der Volkskirche mit ihrer riskanten Offenheit nach allen Seiten einzubringen in die ‚Kerngemeinden’ der Kirche.”

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LeerGenau das war es, was die Diakonissen in Kirchberg erarbeitet hatten: Die Schwester muß sich eingeordnet wissen in eine Gemeinschaft lebendigen geistlichen Lebens. Das kann man aber nicht lehren, sondern das kann man nur erfahren. Auch die Schwester, die im strengen Dienst steht, weiß, daß die anderen mit ihrem Gebet hinter ihr stehen, wenn sie selbst keine Zeit hat, ihr Tagesgebet zu halten. Aber es muß ihr ein Entbehren sein, wenn sie die Zeit dazu einmal nicht hat. Und sie wird auch bei stärkster Inanspruchnahme die Minuten finden, in denen sie wenigstens ganz kurz und vielleicht in einem einzigen Satz ihr Gebet vor Gott bringt.

LeerDas Gleiche gilt für die Schwester, die als Gemeindeschwester ganz allein dasteht und doch nicht allein ist; stets weiß sie sich umgeben und getragen vom Gebet der anderen. Stets kann sie selbst die Zeit finden, ihr Gebet und ihre Lesung zu halten und damit verbunden zu sein mit den anderen.

LeerAllerdings, diese Gemeinschaft kann man nicht gelehrt bekommen und kann sie nicht erlernen, man kann sie nur erfahren. Darum sollten die Schwestern während der Ausbildungszeit und später immer wieder Tage gemeinsamen Lebens pflegen, in denen sie dieses „geistliche Leben” kennenlernen und da hinein wachsen, so ähnlich, wie es in Kirchberg und anderswo gelebt wird. Es wird vor allem Aufgabe der Lehrschwestern sein, die jungen Lernschwestern in ein solches Leben hinein zu führen. Die Mutterhäuser aber müssen bereit sein, sich in diesem Sinne umzustellen, auch wenn das ein paar Jahre oder Jahrzehnte dauern wird.

LeerSo haben wir damals in Kirchberg eben das als Aufgabe der Mutterhäuser erkannt, was in Beckmanns Aufsatz als Aufgabe der ganzen Kirche umschrieben wird. Ob die Mutterhäuser fähig sind, sich in diesem Sinne umzustellen - und unsere landeskirchlichen Ortsgemeinden - das kann niemand sagen. Das kann nur ein Geschenk des Heiligen Geistes sein.

Quatember 1973, S. 125-127

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-03-11
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