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Zu Martin Lotz - Filioque
von Georg Retzlaff

LeerZu dem satirischen (oder war das ernst gemeint?) Beitrag von Martin Lotz einige Bemerkungen: Lange habe ich nach dem Grund gesucht, warum die Obristen in Athen und die roten Scharlatane in Moskau so ruhig und ungefährdet leben können. Jetzt endlich ist es klar: sie sind von Leuten umgeben, die das „filioque” nicht kennen. Beste Garantie für ungehinderte Machtausübung ist das altkirchliche Symbol in seiner von der ganzen Kirche gebilligten konziliaren Fassung. So einfach ist das! Wer weiß, daß die Einfügung dieses Wörtchens unter dem Druck zweier deutscher Kaiser bei völliger Mißachtung einer konziliaren Entscheidung geschah, muß ja heute noch dankbar sein für diese mittelalterliche Affaire, die uns ja nach Ansicht des Martin Lotz ein westliches Christentum beschert hat, das tätig und rührig an der Veränderung der Welt arbeitet, während die schläfrigen Orthodoxen ihre heiteren Gottesdienste zelebrieren. Wie kann man allen Ernstes behaupten, die Frage des „filioque” sei entschieden worden unter dem Aspekt, ob Christus die Welt nur bereichert oder ob er sie verändert habe. Jedes theologische Drittsemester weiß, daß es beiden Parteien um die Konstatierung der Gottheit des Geistes ging, also um die Abwehr von Versuchen, den Geist in den Bereich der Ktisis zu verweisen, ihm die Gottheit abzusprechen. Wer es mit Schrift und Tradition ernst meint, der hat für diese Frage Joh. 15, 26 und die Entscheidung des Konzils von Konstantinopel zur Hand. Eine eindeutige Sache.

LeerWer es mit der theologischen Arbeit heute ernst meint, der wird sich doch auf Grund kirchen- und profangeschichtlicher Kenntnisse davor hüten, diese völlig absurde Gleichung aufzustellen: Westen - filioque - aktiv verändernd / Osten - kein filioque - passiv - aber fromm und heiter. Während „filioque-Leute” in Polen zu keinerlei Opposition zu bewegen sind, ebensowenig ihre Brüder in Kroatien, Ungarn und sonstwo, gibt es doch eine beachtliche Opposition der „a patre-Leute” in Rußland und Griechenland. Betrachtet man die „filioque-Partei” in Spanien, Portugal und Lateinamerika, so kann sie gewiß nicht als Kronzeuge für das tätige, verändernde Christentum westlicher Prägung herangezogen werden. Rührend die Lotzsche Schlußbemerkung: die im Osten sind heiter, weil da nichts zu verändern ist, die im Westen haben schließlich noch andere Aufgaben als nur Gottesdienst zu feiern (wenn sie es doch wenigstens täten!), deswegen sind sie nicht so heiter.

LeerDa die Alt-Katholischen Kirchen das „Filioque” aus gutem Grund (s. o.) nicht bekennen, muß man sie also auch zur östlichen passiven Bet-Partei rechnen. Da ich das Vergnügen habe, in dieser Kirche den priesterlichen Dienst zu versehen, kann ich nur sagen: lieber dumm und heiter in der Kirche, als fortschrittlich aber muffelig draußen. Und weil weder meine Heiterkeit noch meine Einfalt bestritten werden können, bekenne ich gerne den Glauben an den Heiligen Geist, der vom Vater ausgeht, der uns Gottesdienste feiern läßt, die so schön sind, daß sie Menschen verändern. Mein Wunsch: daß auch Martin Lotz von dieser Heiterkeit angesteckt wird, wer heiter ist, schreibt nämlich nie mehr solche Artikel.

Quatember 1973, S. 252-253

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-03-01
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