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von Ilse Podolski |
Wenn man von einer Reise kommt, dann wird man gefragt, was man mitgebracht hat. Stelle ich mir nun selbst die Frage, was ich vom Hamburger Kirchentag mitgebracht habe, so muß ich, wenn ich ehrlich bin, sagen: nicht viel. Aber doch etwas? Ja, vielleicht - vielleicht eine Hoffnung. "Man" sagt oft: Ach, die Jugend ... und meint damit: Viel Hoffnung kann man nicht in sie setzen. Aber ich habe gefunden, daß "die Jugend" offen, fragend und auch wegweisend sein kann, daß sie selber hofft und wir es mit ihr tun sollten. Ich denke da zum Beispiel an eine kleine Gruppe junger Menschen aus Nürnberg, die mit viel Freude und Können moderne geistliche Lieder sang und spielte und dadurch andere, auch ältere Menschen, zum fröhlichen Mitsingen ermunterte. Ich denke an die Fragen nach Jugendarbeit und Gemeindeerneuerung auf dem Markt der Möglichkeiten, aber auch nach Umweltschutz und allem, was damit zusammenhängt. Da ich selbst ehrenamtliche Helferin war, blieb nicht sehr viel Zeit, um mich umzuschauen. Aber an etwas erinnere ich mich trotz der Kürze des Besuchs immer wieder, und das ist die Halle der Stille. Das Leitwort für diese Halle lautete: Durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark sein (Jes. 30,15). Und schon beim Betreten der Halle wurde ich eingefangen von einer beglückenden, gefüllten Stille, die nach dem Trubel im übrigen Messegelände aufatmen ließ. Eine Gruppe von evangelischen und katholischen Christen hatte sich lange auf den Dienst in dieser Halle vorbereitet und gemeinsam die Verantwortung übernommen. Ihr Anliegen war nicht Stille als Abkehr von der Welt, sondern, wie in einer kurzen Erklärung lesen stand, als "Besinnung auf unsere menschliche Bestimmung, ein Sprungbrett zum Leben", ein Weg. . ., der jedem einzelnen von uns die Hilfen und Kräfte gibt, die er braucht, um das Leben zu leben und die Schatten des Todes zu überwinden". Stündliche Gebetszeiten konnten dazu eine Hilfe sein. Am Eingang fiel mein Blick zunächst auf Blumen und einen Springbrunnen. Schon dadurch wurden Harmonie und Ruhe vermittelt, eine Atmosphäre, in der Spannungen sich lösen und dem Gefühl von Freiheit und Geborgenheit Raum geben konnten. Helfer, die Schilder mit der Aufschrift "Stille" hielten, wiesen allein auf diese Weise auf die Bestimmung dieser Halle hin, und in einer kleinen Schrift fand man Aussagen von Menschen, die im Umgang mit der Stille etwas erfahren hatten. Durch Stellwände war ein innerer Bereich geschaffen worden, und dort knieten, saßen oder lagen viele, besonders junge Menschen; sie beteten, meditierten, übten die Stille ein, ruhten. Den Brennpunkt dieses inneren Raumes bildete eine lkone, die Christus als den Lehrer und Allherrscher zeigte. Sie war untergebracht in einem Zelt, das vor die Silhouette einer Großstadt gespannt war - ein Zeichen dafür, daß Gott unter den Menschen wohnt. In der Nähe der Christus-lkone brannte das Altenberger Licht, das die Mönche von Königsmünster im Altenberger Dom, wo evangelische und katholische Christen ihre Gottesdienste feiern, empfangen und mit nach Hamburg gebracht hatten. Auf dem Hamburger Kirchentag gab es drei Stellen, an denen evangelische Kommunitäten und Bruderschaften gemeinsam etwas von dem zu vermitteln versuchten, was sie als ihren Auftrag und den Sinn ihres Lebens ansehen: Auf dem Markt der Möglichkeiten stellten sie sich mit ihren Zielsetzungen vor, in der Heiligen Dreieinigkeitskirche zu St. Georg wurden die Tagzeiten und Abendmahlsgottesdienste unter Mitarbeit der Kornmunitäten und Bruderschaften gehalten und in der Halle 11 wiesen sie zusammen mit katholischen Christen hin auf die Stille als einen "Weg der Versöhnung und des Friedens. Wenn auch sicher nur ein Teil der Besucher die für sie vielleicht neuen Möglichkeiten des geistlichen Lebens in der Form von Tagzeitengebeten, Meditationen im Raum der Stille und besonders festlich gestalteten Abendmahlsgottesdiensten weiter erproben kann und mag, so wird die Erinnerung daran für viele ganz sicher ein Ruf bleiben. Und dieses zu wissen ist ein kleines Stück der Hoffnung, die ich aus Hamburg mitgebracht habe. Quatember 1981, S. 231-232 |
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