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Vor 50 Jahren: Auf dem Marktplatz von Güstrow
von Johannes Schwarzkopff

LeerEine besondere Aufgabe war auf dem Mecklenburgischen Kirchentag in Güstrow gestellt: die Gestaltung des evangelischen „Gottesdienstes der Masse”. Davon schreibt Johannes Schwarzkopff: „Die Gemeindevertreter, die in unserm dünn bevölkerten Lande vielfach auf einsamen Posten aushalten müssen, sollten es spüren: Ihr seid nicht versprengte Restbestände einer vergangenen Zeit - Eure Kirche will mitten in der Welt, auf dem Markt des Lebens um die Sache Gottes kämpfen. Es war erhebend, die Zuchtbereitschaft und Aufgeschlossenheit des größten Teiles der Teilnehmer mitzuerleben. Durchweg gilt das von dem schlichten Mann aus dem Volke, der tagtäglich „im Kollektiv zu leben und zu wirken und zu empfinden weiß” (Herberger) und darum auch hier bereit war, „hinzugehen mit dem Haufen und mit ihnen zu wallen zum Hause Gottes, mit Frohlocken und Danken, unter dem Haufen derer, die da feiern” (Ps. 42, 5). Solche, die die Fähigkeit zur Einordnung und Sammlung nicht aufbrachten, oder die sich stören ließen, wenn hier und dort jemand umfiel, waren offensichtlich Intellektuelle, „Gebildete”. Wie schwer ist es doch für sie, aus der Zuschauerhaltung und Kritik und der Verkrampfung in eigene Anschauungen herauszutreten und sich der Gemeinschaft einzuordnen.”

LeerDie eigentlichen Mittelpunkte des Geschehens waren ein Festgottesdienst im Schatten des Domes, auf dem ihn umgebenden geschlossenen Platz, und vor allem das „Feiertagsspiel” von Rudolf Mirbt. „Es zeigt den Riß auf, der durch unser Volk geht: hie die Werktagslosen, da die Feiertagsgäste; hie ein Werktag ohne Gott, da ein Christentum ohne Kraft, den Werktag zu gestalten. In tapferer Wahrhaftigkeit wird vor dem Kirchenvolk, auch vor den noch Unerschütterten, die Kluft aufgerissen, bis bei den Spielern und wohl auch bei den Hörern die Haltung der Kirchenfrömmigkeit und der Verzweiflung ins Wanken kommt und die getrennten Gruppen miteinander „die Kirche suchen” wollen. Da endlich spricht vom Dom her eine unsichtbare Stimme: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen”. Gerade weil wir im Berneuchener Kreis sehr stark von der Forderung bedrängt werden, in die Stille zu gehen und in der Stille den Grund aller kirchlichen Arbeit zu legen, dürfen wir uns die Bedeutung eines solchen Wirkens in die weiteste Öffentlichkeit hinein auch nicht verhehlen.

Aus dem Berneuchener „Weihnachtsbrief 1932

Quatember 1982, S. 243

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 12-08-29
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