Unser Tätigkeitswort „glauben” ist in erster Linie verwandt mit „loben” und „lieben”, auch mit „erlauben” und „Urlaub”; darin sind sich die etymologischen Wörterbücher (Herkunftswörterbücher) einig. Laut Duden (Bd. 7. Etymologie) stammt das deutsche Tätigkeitswort „glauben” vom mittelhochdeutschen „gelouben” ab, das aber in der Wortbedeutung nicht gleich „geloben” ist, sondern eben „glauben” heißt! Dieses mittelhochdeutsche Wort „gelouben” wiederum kommt aus dem althochdeutschen „gilouben” (gotisch und gemeingermanisch „galaubjan”). Wie gesagt: „glauben” ist eng verwandt mit „lieben” und „lieb”, und das letztere Eigenschaftswort gehört zur großen indogermanischen Sprachverwandtschaft:
Lateinisch „libens, libenter” = gern, willig, freudig; „übet” = es beliebt, gefällt; „libido” = Begierde, Lust, Vergnügen, Verlangen,...; russisch „ljub” = lieb, freundlich.
Die aus dem indogermanischen Stamm „leubh-” = liebhaben, begehren abgeleiteten Tätigkeitswörter sind: Englisch „to love” = lieben und „to believe” = glauben; niederländisch „geloven” = glauben; niederdeutsch „globen” und „löven” = glauben; „laben” („laven”) = loben, geloben; deutsch „lieben”, „erlauben”, „g(e)lauben”, „loben”.
Das deutsche Hauptwort „Glaube” hat im Anlaut das g- (ge-). Diese Vorsilbe hat zusammenfassende Wirkung (vergleiche „Ge-flügel”, „Ge-birge” und so weiter). Demzufolge bedeutet „Glaube” also die Zusammenfassung dessen, was wir lieben und loben, das Ziel unseres Liebens und Begehrens. Die Vorsilbe ge- hat im Deutschen bei Tätigkeitswörtern ferner die Funktion einer Konkretisierung und eines Bewirkens. Denken wir an „stehen” und „ge-stehen”, an „denken” und „ge-denken”: Wer gesteht, der steht zu etwas; wer gedenkt, der denkt an etwas. Und wer g(e)läubt, der liebt etwas. So sagt also von der Bedeutung her das Wort „glauben” auch soviel wie „lieben(d) machen”.
Soweit die Fakten, die es nun zu deuten und zu interpretieren gilt: Was ich liebe, das lobe ich, dem erlaube ich vieles oder alles. Erlauben (und Urlaub) haben zu tun mit dem freundlichen Gewähren einer Gabe. Lieben und Loben sagen etwas aus über die Beteiligung des Herzens (des Gefühles und des Gemütes) an der Bejahung einer und der Hinwendung zu einer Person.
Glaube und Liebe sind sich sehr nahe. Glauben und Wissen aber sind weit voneinander entfernt. Glauben ohne Liebe gibt es nicht, und wenn einer meint, er könne glauben, ohne zu loben, so irrt der.
Nun bitten wir den Heiligen Geist
um den rechten Glauben allermeist ...
Du süße Lieb, schenk uns deine Gunst,
laß uns empfinden der Liebe Brunst,
daß wir uns von Herzen einander lieben
und im Frieden auf einem Sinn bleiben.
(EKG 99)
Quatember 1987, S. 93-94
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