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Im Gebet einig
von Heiko Jürgens

LeerWaltraud Herbstrith (Hrsg.): Teresa von Avila. Martin Luther. Große Gestalten kirchlicher Reform. Edith-Stein-Karmel, Tübingen. Band 12. Verlagsgesellschaft Gerhard Kaffke, München, 1983, 148 S., 19,80 DM

LeerAnlaß für dieses Buch war der 400. Todestag Teresas von Avila (1982) und der 500. Geburtstag Martin Luthers (1983). Es enthält - nach einem grundsätzlichen Vorwort - sieben Aufsätze zu Leben, Werk und Bedeutung der spanischen Mystikerin und sechs Beiträge über den eine Generation älteren deutschen Reformator.

LeerDie Aufsätze des ersten Teils sind - mit einer Ausnahme - von Angehörigen des teresianischen Karmel, vor allem Tübinger Karmelitinnen, verfaßt. Ihre Themen reichen von einer biographischen Skizze (Anna Maria Strehle) über Darstellungen des geistlichen Lebens Teresas (Waltraud Herbstrith: Die Jesus-Nachfolge; Ulrich Dobhan: Ernstmachen mit dem Gebet) und ihrer Nachfolgerinnen (Anna Maria Strehle: Kommunikation in einer kontemplativen Ordensgemeinschaft) bis hin zu sehr aktuellen Überlegungen zur Stellung der Frau in der Kirche (Waltraud Herbstrith; Helen Schüngel-Straumann).

LeerMit Luther befassen sich neben einem Profanhistoriker (Ernst Walter Zeeden) zwei katholische und zwei evangelische Theologen. Dabei versuchen die katholischen Autoren (Rogelio Garcia Mateo SJ; Hermann Josef Lauter OFM), den Begründer der evangelischen Kirche im Rahmen der gemeinsamen christlichen Tradition zu verstehen. Auch die Beiträge der evangelischen Verfasser (Helmut Lamparter: Luthers Stellung zur Heiligen Schrift; Kurt Hünerbein: Luther als Beter) widersprechen dieser Sicht nicht. Es bleibt dem Profanhistoriker überlassen, wenigstens anzudeuten, daß man Luther gegenüber auch "Vorbehalte" haben kann (S. 111).

LeerDer Wert aller dieser Untersuchungen liegt weniger in ihrer Bedeutung für die Fachwissenschaft als in der ökumenischen Perspektive, auf die ein Vergleich der beiden "Gestalten kirchlicher Reform" zwangsläufig hinausläuft. Hier lassen sich vor allem zwei Aspekte erkennen:

LeerZunächst wird auch in dem vorliegenden Sammelband deutlich, daß Teresa von Avila und Martin Luther verschiedene Wege gehen, wenn sie zur Institution "Kirche" Stellung beziehen. Trotz aller Verdächtigungen und Zurücksetzungen, die sie immer wieder erleiden muß und deren Unrecht sie mit deutlichen Worten anprangert (S. 69 bis 71), lehnt die Spanierin jeden "Ungehorsam gegenüber der Kirche" ab (S. 64). Dagegen ist zwar auch für Luther die "Gemeinschaft der Heiligen" wichtig (S. 133), aber neben der unmittelbar zu erfahrenden Gnade Gottes hat die Mitgliedschaft in einer bestimmten Kirche für ihn nur untergeordnete Bedeutung.

LeerTiefer aber als dieser Unterschied reicht eine Gemeinsamkeit, die an vielen Stellen des Bandes angesprochen wird und fast auf jeder Seite durchscheint. Vor allem Wirken als Theologen, Seelsorger und Erneuerer der Kirche waren sowohl Teresa von Avila als auch Martin Luther betende Menschen; Menschen, die nichts anderes sein wollten als Kinder oder - wie Teresa gern sagt - Freunde Gottes: "Sólo Dios basta (Gott allein genügt)" - dieses "Grundmotto der teresianischen Spiritualität" (S. 99) könnte auch von Luther stammen.

LeerÜber die ökumenische Bedeutung dieses Ergebnisses braucht nicht viel gesagt zu werden. Auch wenn "eine juristische, kirchenrechtliche, sakramentale Einheit in unerreichbarer Ferne" liegen sollte - eine Einheit im Gebet ist schon immer möglich (S. 85). Oder noch deutlicher: So wie für Luther das Gebet verbunden ist mit dem Herzschlag eines Christen, auch wenn der Mund schweigt (WA 45, 541), so wie sich für die Karmelitinnen das tiefste Gebet schweigend im Inneren ereignet (S. 74) - so gibt es vor der äußeren die "innere Ökumene", und das schon jetzt.

Quatember 1988, S. 43

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 12-11-21
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