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Die Gemeinschaft St. Michael -Ein neues Glied in der Berneuchener Familie
von Eva-Maria Knappe

I. Der Hintergrund zu ihrer Entstehung

LeerDie Michaelsbruderschaft ist von ihrem Grundgedanken her eine Gemeinschaft von Männern. Ihr eng verbunden ist der überregionale Konvent der Jungbruderschaft St. Michael, der seit geraumer Zeit auch Frauen als Mitglieder aufnimmt und ebenso die Lutherische Bruderschaft in Südafrika, zu der seit ihrer Gründung Frauen und Männer gleichberechtigt gehören. Die Jungbruderschaft, als Bruderschaft auf Zeit, nimmt junge Menschen auf, die noch in ihrer Ausbildung stehen. Zur südafrikanischen Bruderschaft gehören deutsche Mitarbeiterinnen der Mission, die nun fast alle inzwischen wieder in Deutschland sind. Frauen, die aus der Jungbruderschaft entlassen werden, und die zurückkehrenden Mitarbeiterinnen der Mission finden bisher keinen Raum in der Michaelsbruderschaft und erfahren sich so als geistlich heimatlos gemacht. Auch gibt es einzelne Brüder und ihre Frauen, die ihre Partnerschaft auch im geistlichen Bereich leben möchten und den Ausschluß an voller Partizipation am Leben der Bruderschaft als unerträglich empfinden. Andere Männer, die ebenso denken, finden deshalb nicht ihren Weg in die Bruderschaft.

LeerVon diesen Anfragen her galt es, neue Wege zu suchen. Manches wurde inoffiziell diskutiert. In einer Zusammenkunft von Vertretern des Rates und der Jungbruderschaft wurde im Februar 1985 in Borchen folgender Vorschlag erarbeitet:

1. Die Schwestern und Brüder der Jungbruderschaft wollen weiterhin "Bruderschaft auf Zeit" bleiben. Sie sehen sich außerstande, eine Gemeinschaft von Frauen und Männern jeden Alters als Konvent der Michaelsbruderschaft zu sein.

2. Der versammelte Kreis hält aber eine Initiative zur Bildung einer Gemeinschaft von Männern und Frauen in Verbindung mit der Evangelischen Michaelsbruderschaft für wünschenswert. Die Mitglieder der Jungbruderschaft wünschen dabei keine Trennung von der Bruderschaft, sondern eine möglichst enge Verbindung mit ihr.

3. Der versammelte Kreis bittet den Rat der Evangelischen Michaelsbruderschaft, dieses Vorhaben zu unterstützen. Brüder aus den Konventen, die sich an diesem Vorhaben beteiligen wollen, sollen die Möglichkeit haben, beurlaubt zu werden.

II. Der Prozeß des Entstehens

LeerIm November 1985 trafen sich dann Männer und Frauen in Borchen, um in der oben beschriebenen Richtung hin Initiative zu ergreifen. Es wurde uns rasch klar, daß ein solcher Schritt beides ist: ein Ausbruch aus der Tradition durch die Öffnung für Frauen, aber auch ein Festhalten an ihr durch den Willen, dieses innerhalb der Michaelsbruderschaft zu tun. Dies konnte nicht einfach nahtlos geschehen. Auch die Urkunde der Michaelsbruderschaft, auf die wir intensiv hörten, ist ein Dokument aus einer anderen Zeit. Wir mußten uns auf den Weg machen, einen neuen Zugang zu dem geistlichen Anliegen der Bruderschaft zu finden. Eine Zeit des Experimentierens begann. Es bleiben das gemeinsame Stundengebet, ebenso wichtig war uns die Verbindlichkeit der Gemeinschaft und die gegenseitige Hilfe in der Bewältigung der verschiedenen Aufgaben, vor die sich die einzelnen gestellt sahen. Leider wuchs unsere Zahl nicht, es wäre sicherlich eine Bereicherung gewesen, wenn sich neue Stimmen in diesem Prozeß Gehör verschafft hätten. Aber wir sind auf dem Wege, auch wenn wir nun schon einen Schritt weiter sind und sind weiter offen für neue Anregung und auch Veränderung.

LeerIn dem etwa zwei Jahre dauernden Prozeß blieb es uns ein Anliegen, daß unser Weg in engster Verbindung mit der Michaelsbruderschaft weitergehen sollte. So hörten wir erneut auf die Urkunde und uns wurde klar, daß darin vor allen Dingen ein bleibendes geistliches Anliegen deutlich wird, das auch heute noch relevant ist, wenn wir es auch in einer anderen Sprachgestalt ausdrücken würden. Wenn als Aufgabe damals die Erneuerung der Kirche gesehen wurde, so ist das auch heute noch aktuell. Allerdings kann es sein, daß wir heute andere Akzente setzen müssen, um eben dieser Erneuerung zu dienen.

III. Konstituierung und erste Schritte

LeerDas Treffen vom 8. bis 10. April 1989 in Borchen wurde für unsere Gemeinschaft zu einem entscheidenden Einschnitt, an ihm haben wir uns als Gemeinschaft auf der Grundlage der Urkunde der Michaelsbruderschaft konstituiert. Wir wählten unsere Amtsträger, so wie sie auch in der Bruderschaft bekannt sind. Als nächstes arbeiteten wir an einer Ordnung, die unserem besonderen Anliegen entsprach und unserer zunächst noch kleinen Kraft. Wir beachteten dabei die Ordnungen, die sich uns nahe Gruppierungen wie die Jungbruderschaft und die Lutherische Bruderschaft in Südafrika gegeben hatten. Unsere eigene ist in Anlehnung an die der Jungbruderschaft gestaltet. Mir selbst erscheint besonders wichtig, daß wir vor alle Regeln das ausformulierte Gebet der Gemeinschaft gestellt haben. Dieses kann uns immer wieder erinnern, daß all unser Tun gerade im geistlichen Bereich zutiefst von Gott abhängig ist. Es ist sein Geschenk an uns, gemäß dem Wort Jesu an seine Jünger: "Ohne mich könnt ihr nichts tun." (Joh 15,5)

LeerInhaltlich soll in der Ordnung sowohl Verbindlichkeit wie Offenheit deutlich werden, sie will Richtung weisen, aber auch Möglichkeit zur Gestaltung des geistlichen Lebens freigeben. Dies mag an einem Beispiel erläutert werden. Wie in der Michaelsbruderschaft halten wir an der Institution der Helferinnen fest. Dazu heißt es weiter in unserer Ordnung: "Wir verpflichten uns, ihm einmal im Jahr Rechenschaft abzulegen, möglichst in schriftlicher Form. In der Einzelbeichte erkennen wir ein wertvolles Angebot für uns."

LeerGemäß unserem Wunsch, daß unsere Gemeinschaft in enger Verbindung mit der Michaelsbruderschaft leben wollte, wurde unsere Konstituierung und unsere Ordnung den leitenden Gremien der Bruderschaft mitgeteilt mit der Bitte, unsere Ordnung anzuerkennen und unseren Leiter zu bestätigen. Noch sind nicht alle Fragen, die unseren Status als Gemeinschaft betreffen, geklärt, manche Ängste, die durch einen solchen Aufbruch innerhalb einer Tradition ausgelöst werden, müssen überwunden werden, aber wir sind gemeinsam auf dem Weg und bleiben im Gespräch. Schon jetzt ist aber die enge Verbundenheit deutlich. Auf unserem ganzen Weg wurden wir von Brüdern der Michaelsbruderschaft begleitet, der Gottesdienst, in dem wir uns als Mitglieder unserer Gemeinschaft verpflichteten, wurde von dem Vikar der Bruderschaft geleitet und unser Leiter wurde von dem Ältesten der Bruderschaft auf dem Kirchberg eingeführt.

IV. Ausblick

LeerWir sind nun gemeinsam auf dem Weg, manche Strukturen sind noch im Entstehen, aber die Konturen zeichnen sich ab, dabei hat schon die Geschwisterlichkeit, in der wir leben, eine eigene Dynamik. Wir freuen uns über Gäste und durften schon manche unter uns begrüßen und sind dankbar für jeden, der seine Gaben verbindlich in unsere Gemeinschaft einbringen will und unsere kleine Kraft - zur Zeit zehn Frauen und Männer - verstärkt.

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Quatember 1989, S. 223-225

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-04-23
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