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Gisela Zehner-Heyner zum Gedächtnis
von Eva Pohle

LeerWenn sich das Kirchenjahr zum Ende neigt und wir unseren Entschlafenen in besonderer Weise nahe sind, soll an dieser Stelle an Frau Gisela Zehner-Heyner gedacht werden, die am 9. März 1989 im Alter von 77 Jahren heimgerufen wurde, 3 Monate nach dem Tode ihres Mannes Pfarrer i.R. Erhard Zehner, den sie in langer Krankheit aufopferungsvoll begleitete. Sie wurde an seiner Seite in Göttingen zur letzten Ruhe gebettet. Gisela Zehner-Heyner ist aus ihrem Wirken als Paramentikerin vielen Lesern dieser Zeitschrift vertraut. Ein Rückblick auf ihr Leben erinnert uns an die starke Ausstrahlung dieser schöpferischen Persönlichkeit, die in ihren verschiedenen Wirkungsbereichen immer hilfreich den Menschen zugewandt war. Zunächst erlernte sie den Beruf der Gymnastiklehrerin und übte ihn auch als Krankengymnastin an Verwundeten und Nervengeschädigten bis 1945 aus. Dann wandte sie sich, ihrer besonderen Begabung folgend, der Textilgestaltung, insbesondere der Paramentenstickerei zu.

LeerRückblickend schrieb sie: "Daß ich, ohne vorher viel von dem ganzen Gebiet gewußt zu haben, einmal in der Paramentik Wurzeln schlug, wundert mich längst nicht mehr, obgleich ich zu Anfang eigentlich erstaunt war, wie die Dinge und Aufträge auf mich zukamen in einer Zeit, als ich seelisch und körperlich recht am Ende war." Das war in den ersten Nachkriegsjahren. Dabei hat sie im Selbststudium solche gestalterischen und handwerklichen Fähigkeiten entwickelt, daß sie sich selbständig machen konnte und die Anerkennung als freischaffende Kunsthandwerkerin erhielt. Sie war fast ausschließlich für die Evangelische Kirche tätig. Es entstanden eine Fülle von Paramenten aus ihrer Hand für unsere Gemeinden; Weißstickereien, farbige Antependien und große Wandbehänge.

LeerSie arbeitete mit dem Kunstdienst der Evangelischen Kirche in Berlin und dem Kirchlichen Bauamt für Berlin-Brandenburg zusammen. In ihrer Heimatstadt Neuruppin entstanden für den Chor der gotischen Klosterkirche fünf große Glasfenster nach ihren Entwürfen, ähnliche in verschiedenen märkischen Dorfkirchen. Ihr Schaffen lebte nicht nur aus ihrem künstlerischen und handwerklichen Können, sondern aus der tiefen Verbundenheit mit dem Wesen des Gottesdienstes und des Kirchenraumes. Voll Dankbarkeit erinnere ich mich an viele gemeinsam durchgeführte Einkehrtage zu stillem Tun, bei denen wir mit Frauen aus den Gemeinden die alte Form der Weißstickerei übten, eingebettet in die Gebetszeiten des Tages.

LeerAls Fünfzigjährige gab sie ihrem Leben nochmals eine Wende und heiratete den verwitweten Pfarrer Erhard Zehner, zog nach Niedergebra in Thüringen und nahm den vielfältigen Dienst der Pfarrfrau auf. Nach erreichtem Ruhestand übersiedelte Ehepaar Zehner nach Göttingen. Auch dort führte sie auch ihre künstlerische Arbeit weiter, nun in kleinerem Format und Umfang. Verschiedene graphische Techniken, wie Radierung und Prägedruck, eignete sie sich in Fachkursen an. Ihrem eigenen Werk gegenüber war sie stets sehr bescheiden. - Die Verbindung zur Michaelsbruderschaft und zum Kloster Kirchberg waren ihr tiefes Bedürfnis. In Gesellschaft war sie anregend heiter und belebend. Doch wer sie näher kannte, spürte hinter ihrer fröhlichen Zugewandtheit auch die Angst, die wir Menschen in dieser Welt haben. Sie hat sich in DEM geborgen, der die Angst für uns überwunden hat. IHM danken wir für das, was uns durch die Heimgegangene geschenkt wurde.

Quatember 1989, S. 247-248

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-04-23
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