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Schlüsselübergabe im Gethsemane-Kloster in Goslar
von Pierre Iffer

LeerSeit 1962 sammelte sich um den damaligen Leiter des Hermannsburger Missionsseminars, Pastor Dr. Olav Hanssen, eine Gemeinschaft von Brüdern, die sich Gethsemane-Bruderschaft nannte. Ein kleinerer Kreis von Brüdern, die sich zur Ehelosigkeit berufen fühlten, schloß sich seit 1975 enger zusammen und fand zunächst eine Heimstatt auf dem Domhof von Ratzeburg. Seit dem Spätsommer 1990 ist die Gethsemane-Bruderschaft in dem der Landeskirche gehörenden Kloster Riechenberg bei Goslar ansässig. Unter dem prüfenden Einfluß des Klosters ist der kleine Kreis von sieben ehelosen Brüdern sich seiner Berufung zu einer evangelischen Ordensgemeinschaft noch stärker bewußt geworden. Allen gemeinsam ist das Verlangen nach einem »Leben aus der Mitte« unter der Losung des Pauluswortes: »Nicht wir leben, sondern Christus lebt in uns.« Aus einem gemeinsamen »Wachsen im Glauben« heraus wollen die Brüder sich dem Anspruch der Welt stellen. Da die meisten von ihnen in beruflichen Verpflichtungen stehen, bekommen sie auch die heutigen Umbrüche im sozialen und beruflichen Leben stark zu spüren.

LeerAm Samstag der Kantate-Woche, dem 23. Mai 1992, fand nun im Kloster die feierliche Schlüsselübergabe an die Gethsemane-Bruderschaft statt. An die 300 Gäste hatten sich dazu in der riesigen Sommerscheune versammelt, welche die gestaltenden Künstler der Bruderschaft in geradezu atemberaubender Weise in eine Naturkathedrale verwandelt hatten. Es war ein Meilenstein in der Geschichte dieses ehemaligen Mönchsklosters, als der Präsident der Klosterkammer der hannoverschen Landeskirche, Prof. Dr. Axel Freiherr von Campenhausen, dem Abt der Kommunität, Bruder Uwe Stegelmann, den Schlüssel der restaurierten Gebäude übergab. Dabei verlieh er der Überzeugung Ausdruck, daß die wieder aufgenommene Nutzung des Klosters weder wirklichkeitsfremd noch als Notbehelf anzusehen sei.

LeerLandesbischof Dr. Gerhard Müller stellte in seiner Predigt über Maria und Martha dar, wie im Gegenüber und Zusammenfließen von kontemplativem und aktivem Leben das benediktinische »Bete und arbeite« verwirklicht wird. Das Gethsemane-Kloster will eine Stätte des Gebets sein. Hier soll für viele gebetet werden. Wir brauchen solche Orte der Stellvertretung. Zugleich möge das Kloster ein Zeichen dafür sein, daß unsere Zeit offen ist für Gott.

LeerBruder Stegelmann griff diesen Gedanken auf: »Einerseits gehört die geschlossene Tür zum Bild des Klosters, aber das Gethsemane-Kloster möchte zugleich ein offenes Tor sein unter dem Christuswort: Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid.« Die klösterliche Gemeinschaft will offenbleiben für die Fragen unserer Zeit. In eindringlicher Weise faßte er die Frage nach der Wirklichkeitsnähe des Klosters zusammen: »Wir reden viel von Gott, doch die entscheidende Frage ist: Glauben wir, daß 'ER' wirklich ist? Die Brüder sind davon überzeugt und wollen eben diese Wirklichkeit leben.« Die anschließenden Besichtigungen von Krypta, Oratorium, Kapelle und Einkehrhaus, verbunden mit Schweigen, Meditation oder Musik ließen stärker als alle Worte etwas vom Geist und Wesen des Klosters ahnen und führten in die Stille.

Anschrift: Gethsemane-Kloster, Riechenberg 1, 3380 Goslar

Quatember 1993, S. 49-50

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-02-07
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