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Kunst und Kirche
von Walter Uhsadel

LeerDas Thema „Kunst und Kirche” scheint mit dem Wandel der Anschauungen im Gebiete des künstlerischen Schaffens und der Kunstkritik jeweils von neuem aufzutauchen. Schon in dieser Tatsache zeigt sich ein Mißverhältnis zwischen Kunst und Kirche. Die Kunst hat sich von ihrem heimatlichen Boden, dem Handwerk, abgelöst, und ist aus ihrem heimatlichen Hause, der Kirche, ausgewandert. Sie lebt nicht mehr aus den Kräften des Handwerkes, sondern kraft der künstlerischen Persönlichkeit. Sie dient nicht mehr im Hause des Vaters, sondern lebt sich selber. So hat sie ihr Erbe vertan.

LeerHeute scheint es, als kehre die Kunst wie der verlorene Sohn wieder heim. Es ist nicht mehr so, daß sie sich ihrem Ursprünge selbstherrlich gegenüberstellt, sondern bescheiden den Dienst tut, der ihr aufgetragen ist. Es ist nicht mehr so? So zu urteilen sind die in Versuchung, die etwas von der Wandlung des künstlerischen Wirkens im Raume der Kirche erfahren haben, sei es in der Musik, sei es in der bildenden Kunst. Aber sie werden oft genug gründlich belehrt, daß sich in der Kirche noch genug des Virtuosentums findet, das sich des Wortes Gottes bedient, statt ihm zu dienen.

LeerUmso dankbarer sind wir, wenn wir heute wieder Kunstschaffenden begegnen, die gewillt sind, mit ihrem Werke der Kirche, vielmehr in der Kirche Christi zu dienen. Denn eine Kirche kann nur der bauen, der selber in der Gemeinde an Wort und Sakrament teilhat, einen Altar kann nur der errichten, der selber in der Gemeinde vor ihm zu beten gewillt und gewohnt ist, einen Gekreuzigten kann nur der der Gemeinde gestalten, der von sich bekennen kann wie Rudolf Koch:
In meines Herzens Grunde
Dein Nam und Kreuz allein
funkelt all Zeit und Stunde,
drauf kann ich fröhlich sein.
LeerWir freuen uns, daß in der Zeitschrift „Kunst und Kirche” ein Sammelpunkt gegeben ist, durch den alle, die von der großen Aufgabe, die hier vor uns liegt, bewegt sind, einander begegnen können - nicht nur Architekten, Maler, Bildhauer und Theologen, sondern auch alle, die Freude daran haben, zu sehen, wie die Kunst den Weg sucht zu rechtem Dienst in der Kirche.

LeerSeit 1937 wird die Zeitschrift neu herausgegeben vom Kunstdienst und dem Verein für religiöse Kunst in der evangelischen Kirche unter der Schriftleitung von Dr. Martin Kautzsch. Das erste Heft bringt einen ausführlichen Bericht über die von Gerhard Langmaack in Altenlohm (Schlesien) erbaute Kirche mit vielen Bildern, das jüngste Heft behandelt in Aufsätzen von Bernhard Hopp, Wilhelm Stählin, Christian Rietschel, Oskar Thulin und Friedrich Gerke den Altar. Die bisher erschienenen Hefte lassen deutlich werden, daß wir es hier mit einem ernsthaften Willen zu tun haben, das Verhältnis von Kunst und Kirche nicht vom Wandel des „Geschmackes” und „religiöser” Strömungen, sondern vom Wesen der Kirche und dem Erbe streng kirchlich gebundenen Kunstschaffens her zu bestimmen. Wir hoffen und wünschen, daß die Zeitschrift „Kunst und Kirche” einen weitverzweigten Dienst wird tun können, daß sie denen, die an der Gestaltung des kirchlichen Raumes verantwortlich beteiligt sind, und allen, die in ihm leben, wieder zu einem klaren Blick für das, was möglich und notwendig ist, verhilft.

Evangelische Jahresbriefe 1938, S. 141-142

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-04-04
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