Symbol   Quatember

Startseite
Inhalt
Inhalt 1938
Jahrgänge
Autoren
Suchen

Herr Gott, Dich loben alle wir
von Walter Tappolet

Herr Gott, Dich loben alle wir Leer
2. Sie glänzen hell und leuchten klar
Und sehen Dich ganz offenbar.
Dein Stimm sie hören allezeit
Und sind voll göttlicher Weisheit.

3. Sie feiern auch und schlafen nicht,
Ihr Fleiß ist gar dahin gericht',
Daß sie, Herr Christe, um Dich sein
Und um Dein armes Häufelein.

4. Der alte Drach, der böse Feind,
Vor Neid und Haß und Zorne brennt,
Und wie er zuvor hat bracht in Not
Die Welt, führt er sie noch in' Tod

5. Sein Sinnen steht allein darauf.
Wie von ihm wird zertrennt dein Hauf;
Kirch. Wort, Gesetz, all Ehrbarkeit
Zu tilgen ist er stets bereit.

6. Darum kein Rast noch Ruh er hat,
Brüllt wie ein Löw, tracht' früh und spat,
Legt Garn und Strick, braucht falsche List,
Daß er verderb, was christlich ist.

7. Indessen wacht der Engel Schar,
Die Christo folget immerdar
Und schützet Deine Christenheit,
Wehret des Teufels Listigkeit.

8. Darum wir billig loben Dich
Und danken Dir, Gott, ewiglich.
Wie auch der lieben Engel Schar
Dich preiset heut und immerdar,

9. Und bitten dich, wollst allezeit
Dieselben heißen sein bereit
Zu schützen Deine kleine Herd,
So hält an Deinem Worte wert.

10. Lob, Ehr sei Gott im höchsten Thron,
Desgleichen Christo seinem Sohn
Und auch dem Tröster in der Not,
Sind drei Personen und nur ein Gott.
LeerWenn wir im Neuen Testament die Seiten aufschlagen, in denen von Engeln die Rede ist, dann sind es fast immer Berichte von Jesus.
LeerDie Geburt des Heilandes ist es, die den Himmel aufruft, Engel zu den Hirten auf dem Felde auszusenden.
LeerNachdem Jesus der dreifachen Versuchung des Satans widerstanden hat, „traten die Engel zu Ihm und dieneten Ihm”.
LeerAm Ostermorgen „geschah ein groß Erdbeben. Denn der Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat hinzu und wälzte den Stein von der Tür und setzte sich drauf”.
Leer„Und da Er solches gesagt, ward Er aufgehoben zusehends, und eine Wolke nahm Ihn auf vor ihren Augen weg. Und als sie Ihm nachsahen gen Himmel fahrend, siehe, da stunden bei ihnen zween Männer in weißen Kleidern. ..”
LeerDie Engel gehören zu unserem Herrn Christus als Seine Diener und Boten.

LeerAber sie gehören auch zu uns. Bei den Kirchenvätern findet sich die Anschauung, daß bei der Taufe Engel zugegen sind, und daß der Täufling im Moment der Taufhandlung seinen Schutzengel erhält. Der gläubige Mensch erfahrt nicht nur immer wieder die Nähe und den Beistand seines Schutzengels, er kann auch die Sendung eines Engels zum Schutze derer, die ihm anvertraut sind, und zu seiner eigenen Bewahrung erbitten. Und auch diesem Gebet gilt die Verheißung: „Bittet, so wird euch gegeben”.

LeerIn des Kirchenvaters Origenes Schrift „Gegen Celsus” lesen wir folgendes: „Sollten wir uns eine Vielzahl solcher Wesen wünschen, deren edle Güte wir an uns erfahren möchten, so ist uns bekannt, daß ‚tausendmal tausend neben Ihm standen und zehntausendmal zehntausend Ihm dienten’. Wer ihre Frömmigkeit gegen Gott nachzuahmen sich bemüht, den betrachten sie als ihren Verwandten und Freund. Wer Gott anruft und in rechter Weise zu Ihm betet, um dessen Heil sind sie besorgt. Solchen sind sie nahe und wollen ihnen helfen und wie nach einer Verabredung zu ihnen kommen, auf daß sie Gutes erweisen und Heil bringen denen, die zu Gott beten, zu dem auch sie beten. Denn ‚sie sind alle dienende Geister, ausgesandt zum Dienst an denen, die das Heil erben sollen’”.

Linie

LeerDie Gewißheit von der Existenz der heiligen Engel Gottes ist es, die uns mit Zuversicht erfüllt. Bietet uns nicht die Gegenwart eine erschütternde Anschauung davon, daß diese Erde der Kampfplatz der Engel und der Dämonen ist? Wir können kein Kapitel der Offenbarung des Johannes lesen, ohne im Innersten davon bewegt zu werden, wie ungeheuer real und gegenwartsbezogen diese Visionen vor uns stehen. Wären nicht immer und allezeit die Engel dazu bereit, uns zu bewahren vor dem Fall und uns zu stärken in der Anfechtung, wenn wir nur demütig ihren und unsern Herrn darum bitten wollten?

LeerLaßt uns nicht nur am Michaelistag die „Engellieder” singen, sondern allezeit! Denn neben dem Beten ist das Singen der Gehilfe unseres Glaubens. Uns, die wir so wenig mehr wissen von den Dingen des Glaubens, ist doch so vieles schon zugekommen aus den frommen Liedern der Väter! Gewiß wird auch durch das Singen dieser Lieder unser Ahnen und Wissen um die heiligen Diener und Boten des Allmächtigen und um ihre Gegenwart und Anwesenheit auf unserer Erde vertieft werden.

LeerDiese Lieder lassen uns auch spüren, daß wir deshalb den Allerhöchsten mit unserem Singen preisen dürfen, weil die Engel unseren armseligen Gesang aufnehmen und ihn in ihren ewigen Lobpreis einmünden lassen. Denn die Engel sind vornehmlich da zugegen, wo wir in der Erfüllung unseres eigentlichsten Berufes stehen, nämlich im Dienst des Lobpreises unseres Schöpfers.

LeerNochmals möchten wir Origenes zitieren, diesmal aus der Schrift „Vom Gebet”: „Nur natürlich ist es, wenn viele in rechter Weise zum Lobe Christi zusammenkommen, ‚der Engel’ eines jeden ‚dem nahe sein wird, der den Herrn fürchtet’, zur Seite des Menschen, dessen Schutz und Sorge ihm anvertraut ist. Also entsteht bei den versammelten Frommen eine doppelte Gemeinde: die der Menschen und die der Engel. Wenn Raphael schon zu dem einen Tobias sagt, er habe sein und auch der Sara Gebet zum Gedächtnis vor Gott hingetragen, was dürfen wir dann erwarten, wenn eine größere Vielheit ‚in demselben Sinne und in derselben Überzeugung’ zusammenkommt und ‚einen Leib in Christus’ bildet?”

LeerDen Text des vorliegenden Liedes „von den heiligen Engeln” hat Paul Eber nach einem lateinischen Lied des Melanchthon gedichtet. Eber wurde 1511 in Kitzingen in Unterfranken geboren, war Schüler und Freund Melanchthons und wirkte als Professor, dann als Stadtpfarrer und Generalsuperintendent in Wittenberg, wo er im Jahre 1569 starb. Von ihm stammen auch die Lieder „Wenn wir in höchsten Nöten sein” und „Herr Jesu Christ, wahr Mensch und Gott”.

LeerDer Text wurde auf die Melodie zu „Christum wir sollen loben schon” (siehe Weihnachtsbrief 1937) gedichtet. Jetzt wird das Lied gesungen mit der Melodie zum 134. Psalm des Hugenottenpsalters; rhythmisch fehlen in dieser Fassung (Lieder für das Jahr der Kirche) die für die Psalmmelodien so charakteristischen Pausen nach fast jeder Verszeile. Sie ist 1551 in Genf entstanden. In der berühmten Edition Jaqui (Genf 1565) steht sie im Tenor des Goudimelschen Satzes. Diese Weise vereinigt in der unnachahmlichen Selbstverständlichkeit der guten Volksliedmelodie Einfachheit mit Würde und Heiterkeit mit Ernst. Es ist eine schlichte Weise in F-dur.

Linie

LeerDen Beschluß mögen die ebenso tiefen wie schönen Ausführungen Erik Petersons aus seinem „Buch von den Engeln” machen:

Leer”Sie (die Engel) gehören zu Gott und Christus und zu dem Heiligen Geist, aber sie gehören auch zu uns. Für uns bedeuten sie eine Möglichkeit unseres Seins, eine Steigerung und Intensivierung unseres Seins - doch niemals die Möglichkeit eines neuen, eines anderen Glaubens. Sie belehren uns über dunkle Tiefen unserer Existenz, in denen es Bewegung und Bewegtheit gibt, die von uns selber vielleicht unabhängig ist, die von uns selber vielleicht niemals als solche erkannt oder gar als Bewegung auf das Engelhafte hin gesehen wird. Eine Bewegung, die vielleicht eben noch als ein Drang zur Reinheit des Herzens empfunden wird, die vielleicht eben noch als Leidenschaft nach Geistesklarheit und einer wahrhaftigen Existenz zum Bewußtsein kommt. Es gibt viele Wege, auf denen der Mensch zum Engel eilt, nicht, als ob er sich eigentlich vornähme, zum Engel zu werden, sondern weil das Sein, das er lebt, nur ein vorläufiges Sein ist und weil noch nicht erschienen ist, was wir sind.

LeerUnd wenn wir nicht zum Engel eilen, der vor Gott steht, dann eilen wir sicherlich zu jenem Engel, der sich von Gott abgewandt hat, dann nähern wir uns dem Dämon. Denn der Mensch existiert immer nur so, daß er über sich selber hinausgeht und sich somit dem Engel oder dem Dämon nähert. Dieser Mensch, der über sich hinausgeht, weil er nur in dem Übersichhinausgehen da ist, vermag zu steigen und zu steigen, nicht in einem moralischen, sondern in einem metaphysischen Sinne, bis er zum Genossen der Engel und Erzengel wird, bis er zu jener Grenze gelangt, an der auch Cherubim und Seraphim stehen. Dort, wo ihm Halt geboten ist von einer Grenze, die er nicht selber gezogen und die auch kein Erzengel gezogen hat, dort fängt er an, mit den Sphären zu tönen und mit den Erzengeln zu singen”.

Evangelische Jahresbriefe 1938, S. 158-161

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-04-04
Haftungsausschluss
TOP