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In memoriam P. Odo Casel OSB
von Wilhelm Stählin

LeerWenn wir in unsern Evangelischen Jahresbriefen dem Heimgegangenen Benediktinerpater ein Wort des Gedenkens widmen, so kann das nicht ungewöhnlicher sein als die Begegnungen, die wir mit dem Lebenden haben durften. Es sind mehrere Glieder der Michaelsbruderschaft, die den stillen und seit Jahren schwer leidenden Pater Odo zwischen den vielen Büchern seiner Gelehrtenstube aufsuchen durften, und diese Stunden waren jedesmal ein wahrhaftes Geschenk, weil in der gemeinsamen Liebe zu dem Mysterium Christi und in der jeden Pathos und jeder Rechthaberei abholden menschlichen Offenheit seiner Art zu sprechen alles Trennende aufgehoben war in der Gemeinschaft des Leibes Christi.

LeerEs ist hier nicht der Ort, die Mysterientheologie zu beschreiben und zu würdigen, die wesentlich von der benediktinischen Gemeinschaft getragen, das Herzensanliegen des Heimgegangenen gewesen ist. Sie bedeutet den ernstesten Willen, die theologische und liturgische Tradition der römisch-katholischen Kirche von den biblischen Begriff des Mysteriums, oder richtiger von Christus selbst als dem Geheimnis der göttlichen Gnadengegenwart her zu verstehen und zu durchdringen. Wie sehr mußten wir uns, so oft wir gemeinsam darüber sprachen - und man war im Gespräch mit ihm immer sofort in der Mitte - verbunden wissen in dieser Mitte, und wie sehr mußte er Anteil nehmen an unseren Bemühungen, die Erneuerung und notwendige Weiterbildung der altkirchlichen Mysterientheologie als das eigentliche theologische Anliegen Martin Luthers und seiner Rechtfertigungslehre zu begreifen.

LeerIn vielen Einzelfragen konnten wir von dem gelehrten Kenner der Liturgiegeschichte Rat und Belehrung empfangen. Ganz besonders gilt das von dem Sinn und der Gestalt der österlichen Feier der Auferstehung. Odo Casel hat in umfassenden Untersuchungen der altchristlichen Osterfeier nachgewiesen, daß diese Feier in ihrem ursprünglichen Sinn als die Feier des großen Pascha den „Durchgang des Herrn durch den Tod” beging, also Gedächtnis des Todes und der Auferstehung in einem war. Nach alle dem, was wir - auch bei meinem letzten Besuch in Herstelle - darüber gesprochen hatten, mußte uns die Nachricht von den besonderen Umständen seines Todes besonders bewegen. Nach schweren Leidenswochen scheinbar neu gekräftigt, freute sich Pater Odo besonders, am Karsamstag mit seiner Klostergemeinde die große Osterfeier mitzelebrieren zu können.

LeerAber er hatte nur das dreimalige „Lumen Christi” gesungen, mit dem diese Feier beginnt, und wollte eben den großen Preisgesang, das herrliche „Exsultet”, anstimmen, da versagte ihm die Stimme und er konnte sich nicht mehr aufrecht erhalten. Er mußte aus der Kirche in seine Wohnung getragen werden, und nachdem der tief erschütterte Konvent die österliche Feier zu Ende gebracht hatte, wurden ihm die Sterbesakramente gereicht. Aber erst am Sonntag morgen, eben zu der Stunde, in der das Exsultet nach der richtigen kirchlichen Ordnung gesungen werden dürfte, ging der Diener seines Herrn hinüber, um erst recht sein Exsultet mit dem Lobgesang der himmlischen Scharen zu vereinen.

LeerAuf alle seine Briefe hat P. Odo Casel mit seiner feinen Schrift das Wort Pax geschrieben und das Kreuzeszeichen darunter gefügt. In Verehrung und Dankbarkeit bezeuge ich, daß in seinem Munde das Wort keine leere Formel, sondern der echte Ausdruck des Friedens Christi war, in dem er lebte.

Evangelische Jahresbriefe 1948, S. 140-141

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-05-02
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