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Nur um des Namens willen?
von Hans Carl von Haebler

LeerAls die Zeitschrift der Evangelischen Michaelsbruderschaft widmet Quatember dem Fürsten der himmlischen Heerscharen seit Jahren Aufsätze und Bilder. Man könnte fragen, ob das nur um des Namens willen geschieht, den die Bruderschaft angenommen hat, und ob damit nicht nur eine gewisse Romantik aus der Zeit der Jugendbewegung aufgewärmt wird. Aber erstaunlicherweise haben jene Bilder und Aufsätze noch immer neue Aspekte gezeigt, die des Nachdenkens wert sind. Man lese doch wieder einmal nach, was Wilhelm Stählin über den „Dienst der Engel” (1952/1953, S. 207 ff.), Joseph Bernhart über „Michael und die Deutschen” (1953/1954, S. 193 ff.), Erich Müller-Gangloff über „Reichs- und Heilsgeschichte” (1954/1955, S. 193 ff.), Wilhelm Flückiger über „Michael gegen Maria?” (1956/1957, S. 193 ff.) geschrieben hat! Es wäre schade, wenn uns das nicht gegenwärtig bliebe. Dasselbe gilt von den Bildern, denen wir in diesem Heft ein neues, wie wir meinen, besonders eindrucksvolles hinzufügen. - Es gibt übrigens Michaelsdarstellungen, auf denen der Reichsapfel, den der Erzengel in der Hand hält, mit einem Kreuz gezeichnet ist, es gibt auch solche, die an Stelle des Reichsapfels ein Christus-Medaillon zeigen. Hier findet die Frage, die uns mit dem Namen Michael („Wer ist wie Gott?”) gestellt ist, ihre sichtbare Antwort: Christus. Es wird hier aber auch bildhaft, daß die im Reichsapfel symbolisierte Erdkugel oder Erdscheibe zum Machtbereich Gottes gehört, daß sie Gottes ist und daß Er durch Seinen Sohn von ihr Besitz ergriffen hat. Indem der Erzengel die Frage nach dem Willen Gottes auf Erden aufwirft und nicht zum Verstummen bringt, hält er uns zu Gerechtigkeit, Frieden und Eintracht an und schlägt Brücken zwischen Ost und West, Evangelisch und Katholisch, Mensch und Mensch. Dabei kämpft er nicht wie die irdische Militia gegen äußere Feinde, er wägt nicht wie die irdische Justitia mit verbundenen Augen. Er führt den Kampf und hält Gericht in unseren Herzen: Nur veränderte Herzen werden die Welt verändern. Damit ist das Leitmotiv dieses Heftes ausgesprochen, das bis in die Buchbesprechungen hineinreicht. Damit ist aber auch das Programm ausgesprochen, dem Quatember als Zeitschrift der Evangelischen Michaelsbruderschaft verpflichtet ist.

LeerDie Schriftleitung ist sich bewußt, daß sie dieses Programm im letzten Jahrgang noch nicht voll entfaltet hat. Wie wäre das auch auf viermal vierzig Seiten zu leisten (der Leser wird gebeten, diese Zahlen ausnahmsweise nicht symbolisch zu deuten!)? Indem wir deswegen um Nachsicht bitten, haben wir doch allen Anlaß, uns bei unseren Mitarbeitern für die guten Dienste zu bedanken, die sie geleistet haben und die nicht ohne Echo geblieben sind.

LeerÜbrigens kommt es nicht nur darauf an, was gesagt wird, sondern fast noch mehr darauf, wie gesagt wird, was zu sagen nötig scheint. Wir versuchen zwar, eine von Fremdworten genährte wissenschaftliche Geheimsprache zu vermeiden, und haben auch nichts für jenen mit Schlagworten und „Slogans” gespickten Stil übrig, mit dem man heute glaubt, das Christentum origineller und attraktiver zu machen. Aber wir müssen uns doch fragen, ob man zum Beispiel so, wie hier vom Erzengel Michael gesprochen wird, sprechen kann, ohne einem Achselzucken zu begegnen und - was schlimmer wäre - sich selber etwas vorzumachen. Vielleicht wäre es am Platze gewesen, zunächst einmal eine Vorverständigung hierüber herbeizuführen und sich mit den entmythisierenden Tendenzen zu befassen, die in den Engeln nur überholte Denkformen sehen und ihnen ihren Platz in der Theologie und im Gottesdienst streitig machen. Wir haben diese Aufgabe zurückgestellt, um sie in Jahresfrist um so gründlicher nachzuholen. Wer aber glaubt, daß Gott uns in der Natur und in der Geschichte begegnet, wird an den Kräften und Gesetzen, die diese Welt bewegen, auch eine personale Seite entdecken, und was ist das anderes - als Engelglaube?

Quatember 1960, S. 192

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 16-01-09
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