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Das Theologische Oratorium
von Reinhard Mumm

LeerIn unserer Fürbitte am Sonnabend gedenken wir als Michaelsbrüder verschiedener geistlicher Gemeinschaften; doch wissen wir oft wenig von ihnen. Zur konkreten Fürbitte gehört aber ein Stück Information. Darum ist es gut, wenn wir etwas über die uns nahestehenden Bruderschaften erfahren. Über den norwegischen Ordo Crucis haben wir einiges bekannt gemacht (vgl. Quatember 1975, S. 43-46). Es kam auch zu gegenseitigen Besuchen, die hoffentlich fortgesetzt werden.

LeerZiemlich unbekannt ist uns die dänische Bruderschaft „Theologisches Oratorium”. Da ich jüngst einen Bruder aus dieser Gemeinschaft bei einer Tagung des Pastoralkollegs der Vereinigten Ev.-luth. Kirche über die Meditation auf dem Hesselberg in Bayern kennenlernte, gebe ich gern weiter, was er mir berichtet hat: Das Theologische Oratorium umfaßt etwa 140 Brüder, eine stattliche Zahl. Fast ausschließlich sind sie Pastoren; nur vereinzelt gehören ihr „Laien” an, so ein Goldschmied, der mit dem Theologiestudium begann und nun „vasa sacra” (heilige Gefäße) herstellt. Darin ähnelt diese Gemeinschaft dem norwegischen Ordo Crucis. Die schon im Namen ausgedrückte Konzentration auf Theologen erklärt sich daraus, daß die Bruderschaft sich immer wieder aus Studenten der Theologie ergänzt; spätere Beitritte nach dem Studium sind selten. Auf diese Weise finden junge Brüder den Zugang zum Theologischen Oratorium.

LeerDie Bruderschaft gliedert sich in regionale Konvente, die zweimal im Jahr zusammentreten. Ein Generalkonvent wird einmal jährlich im Juni gehalten. Die Organisation ist sehr einfach: Es gibt einen Leiter der gesamten Bruderschaft und Konvents-Älteste, aber keinen Rat, kein Kapitel, kein eigenes Einkehrhaus. Am weitesten bekannt von den Mitgliedern ist der Theologieprofessor Regin Prenter.

LeerDie Tage des gemeinsamen Lebens sind erfüllt vom Stundengebet und von theologischer Arbeit. Die Eucharistie wird selbstverständlich gefeiert. Dies stellt kein Problem dar, weil in der dänischen Kirche die sonntägliche Feier der Eucharistie verbreitet ist. Freilich kennen unsere dänischen Brüder in ihrer Kirche ähnliche Schwierigkeiten um das rechte Verhältnis von Beichte und Herrenmahl wie wir. Die überlieferte starre Bindung zwischen Beichte und Abendmahl sucht man zu lösen. Das hat zur Folge, daß die Beichte fast ganz ausfällt. Wie die Dänen stehen auch wir vor der Aufgabe, die Beichte als eine eigenständige Handlung neu zu praktizieren.

LeerAus dem Theologischen Oratorium sind zwei Bischöfe hervorgegangen. Bedenken wir, daß in Norwegen sogar vier Mitglieder des Ordo Crucis zum Bischofsamt berufen wurden, wird uns deutlich, daß diese Bruderschaften offenbar nicht so von kritischen Gedanken und geheimen Sorgen begleitet werden, wie wir das in Deutschland seit Jahrzehnten erlebt haben. Geistliche Verwandtschaft und unterschiedliche Prägung zwischen dem Theologischen Oratorium und der Michaelsbruderschaft dürfen wir als gegeben ansehen. Es kommt nun darauf an, daß wir durch gegenseitige Besuche die verwandtschaftlichen Beziehungen lebendig werden lassen. Da unsere skandinavischen Brüder sich weit besser in der deutschen Sprache auskennen als wir in der ihren, tun wir gut daran, ihnen unsere Literatur zuzusenden.

Quatember 1976, S. 112-113

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 12-11-08
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