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Treffen von Kommunitäten, Bruder- und Schwesternschaften
von Gerhard und Erika Klose

LeerZum zweiten Mal waren Vertreter von Kommunitäten, Bruder- und Schwesternschaften von der Evangelischen Michaelsbruderschaft nach Kloster Kirchberg eingeladen. Dieses Treffen, das vom 27. bis 30. April 1981 stattfand, zeigte, daß das erste Treffen dieser Art vor zwei Jahren einen positiven Anstoß gegeben hat. Für die wenigen, die fehlten, war eine Reihe weiterer Gemeinschaften hinzugekommen, so daß der Kreis jetzt fast 50 Vertreter aus 30 Gemeinschaften umfaßte. Eine besondere Freude bedeutete es, daß der württembergische Altbischof und ehemalige Ratsvorsitzende Dr. Helmut Claß als Verbindungsmann zwischen der EKD und den evangelischen Gemeinschaften von Anfang bis Ende teilnahm. Aus dem Ausland nahmen teil: Vertreter aus Norwegen, Frankreich und England und zum ersten Mal der Confessor der Societas Sanctae Birgittae, Propst Dr. Corell aus Göteborg, ein spanischer Priester, Don Martin de Zabala, Ökumene-Referent des Bischofs von Bilbao und Mitarbeiter der IEF, die Schwestern Lisbeth Kampf und Marie-Jeanne Koenig von der Communauté des soeurs de Neuenberg/Frankreich und Schwester Bertl Schwiethal von der Ökumenischen Schwesterngemeinschaft Eichgraben/Osterreich. Sie alle verstärkten den Eindruck der geistlichen und räumlichen Weite dieser Tagung.

LeerBezeichnend war das Wort, das in diesen Tagen fiel von dem "gleich schlagenden Herzen hinter manchen Verschiedenheiten". Dieser gleiche Herzschlag im Rhythmus der gottesdienstlichen Tradition, in der Offenheit für das Kommen des Herrn und in der Anbetung seiner Gegenwart war in den Stundengebeten und Eucharistiefeiern stark spürbar. Die Sakramentsfeier wurde am ersten Morgen von der Evang. Michaelsbruderschaft gehalten, am zweiten vom Abt Athanasius von St. Matthias in Trier und am letzten von Father Christopher von der Community of the Resurrection/London nach anglikanischem Ritus. Wenn bei diesen Feiern auch einige wenige eine gewisse Distanz wahrten, so blieb doch der Eindruck eine großen Einmütigkeit in der Hingabe an den gegenwärtigen und kommenden Herrn bestehen. Sind, wie es in den Vorträgen zum Ausdruck kam, die geistlichen Gemeinschaften modellhafte Kirchen im kleinen, so stellten die Feiern dieser Tage modellhaft Ökumene im kleinen dar. In aller übrigen Begegnung war zu erkennen, daß man jetzt noch intensiver als vo zwei Jahren aufeinander zuging. Damals konnte es gar nicht anders sein, als daß man sich - und das hieß vor allem in Struktur und Zielsetzung der verschiedenen Gemeinschaften - gegenseitig vorstellte und kennenlernte. Jetzt aber kam es zu einem lebendigen geistlichen Erfahrungsaustausch: in den beiden großen Hauptvorträgen, den Gesprächsgruppen, den Plenumsberichten und -aussprachen.

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LeerDer Vortrag, den Frau Priorin Maria Pfister von der Communität Casteller Ring über "Wesen und Auftrag der Kommunitäten" hielt, sprach von den Kommunitäten als von Stätten besonderer Gotteserfahrungen, konkreter Gemeinschaft, des Lernens und Übens von Christsein und Menschsein, der Arbeit für Gottes Reich, der besonderen Möglichkeiten für ökumenische Kontakte, als Geschenk und Herausforderung an die reformatorischen Kirchen und schließlich ganz einfach als Stätten der Verwirklichung für solche, die von Gott die Berufung zum kommunitären Leben empfangen haben. Was hier unter diesen Stichworten ausgebreitet wurde, schilderte sehr nüchtern ein gemeinschaftliches Leben mit seinen besonderen Kräften und Aufgaben, aber auch mit seinen besonderen Spannungen und Schwierigkeiten innerhalb einer Bindung, wie sie durch die drei "evangelischen Räte" gegeben ist. Da es sich um lebenslange Bindung handelt, lagen für den Hörenden die Parallelen zur Ehe offen zutage. Innerhalb beider Bindungen gilt es in seinem Doppelsinn: "Ich mag dich leiden".

LeerIm Vortrag von Bruder Nickles, dem Leiter von Kloster Kirchberg, über "Wesen und Auftrag der Bruderschaften" wurde die Fülle bruderschaftlicher Ordnung und Erfahrung deutlich. Was in fünfzig Jahren bruderschaftlich in der Kirche und für die Kirche verwirklicht wurde, zeigt einen geistlichen Kampf nach innen und außen, der fruchtbare Auswirkungen gehabt hat. Verglichen mit der kommunitären Bindung ordnet die bruderschaftliche Regel das Leben des Einzelnen in Beruf und Familie und das der Gemeinschaft in Konventstreffen und Michaelsfesten. In beiden Gemeinschaftsformen kommt der Prüfung und Vorbereitung für ein solch verpflichtetes Leben besondere Bedeutung zu. Von einer Probezeit von ein, zwei Jahren gibt es Vorbereitungszeiten mit abgestuftem Gelübde bis zu zehn Jahren.

LeerMit besonderem Nachdruck wurde auf die vielfältig geplante Mitwirkung am Hamburger Kirchentag hingewiesen. Von früheren Erfahrungen her sind auf den Kirchentagen gute Möglichkeiten gegeben, Menschen nicht nur auf uns aufmerksam zu machen und sie zu informieren, sondern sie mit in unser geistliches Leben hineinzunehmen. In einer geistlich sehr vielfältigen Schlußansprache machte Bischof Claß deutlich, welche Aufgaben die kommunitären und verpflichteten Gemeinschaften für die Kirche haben, wenn sie in einer Schnittpunktexistenz leben und vorn Du Gottes zum Du des andern und zum Wir der Kirche kommen. Die "evangelischen Räte" können da, wo sie wirklich gelebt werden, zu Denkanstößen fürjedermann werden und Mut zu Verzicht und Verwirklichung machen. Ruhe zu einer Theologie des Glaubens kann aus Gemeinschaften erwachsen, die sich durch ihre Berufung aus der Unruhe der Zeit herausgerufen wissen.

LeerDer wiedergewählte Arbeitsausschuß wird eine weitere Zusammenkunft in zwei Jahren, noch einmal in Kloster Kirchberg, vorbereiten. Danach sollen die Treffen an wechselnden Orten stattfinden.

Quatember 1981, S. 228-229

[Bericht vom ersten Treffen]

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 12-08-27
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