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St. Michael von Groppoli
von Walter Grimmer

LeerDem Suchenden werden zur rechten Zeit die rechten Erkenntnisse und die rechten hilfreichen Bilder, die rechten Menschen und die hilfreichen himmlischen Kräfte geschenkt. Darin erfüllt sich die Verheißung Christi: „Suchet, so werdet ihr finden.” Nicht so, als ob wir das, was wir finden sollen, schon suchen könnten. Nur IHN selbst sollen wir alle Zeit und in allen Dingen suchen. So wird ER sich uns so offenbaren, daß ER uns zur rechten Zeit die rechte, oft unerwartete Hilfe schenkt. Das Michaelsbild, das mich durch Jahre geleitet und das all diese Zeit hilfreich und bestimmend geredet hat, ist jene gelassene Gestalt, die ein hessischer Meister im zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts auf einem Flügelaltar im Koster Altenberg bei Köln der kämpfenden Kirche vor Augen gestellt hat. „Tod, wo ist dein Stachel, Hölle, wo ist dein Sieg; Gott sei Dank, der uns den Sieg gegeben hat”, so singt es heimlich um jede Bewegung des Engels, der nur gehorsam und glaubend das nachvollzieht, was in Christus geschah und seine Erfüllung fand.

LeerAber seitdem jenes Bild in den Jahresbriefen (Anm. 1) erschienen ist, sind Jahre des Grauens an uns vorübergegangen. Sie haben uns in einen Abgrund des Bösen schauen lassen, an dem unsere bisherigen Maßstäbe zerbrochen sind. Wir ahnen etwas von den Nöten der „letzten” Zeit. Wohl ist uns eine Pause geschenkt. Aber doch wohl nur eine Pause. Und weiter vollzieht sich, was geschrieben steht im letzten Buch der Schrift.

Erzengel MichaelDa stoßen wir auf dieses Bild: Eine Marmorplastik aus der St. Michaelskirche in Groppoli bei Pistoia aus dem 12. Jahrhundert. Der Figur eignet dieselbe Gelassenheit. Jenes menschlich Unmögliche, daß der Engel in gar keinen direkten Kampf sich einläßt. Kampf und Sieg sind vollendet. „Sie haben ihn überwunden durch des Lammes Blut”, das ist hier in triumphaler Weife dargestellt. Und doch ist hier noch mehr. Das Bild rührt an Letztlicheres, kommt aus einem direkteren und tieferen Wissen und will weiter hineinführen in das, was uns nottut und was uns in besonderer Weise aufgetragen ist: Das unerhört packende liegt im Antlitz und zuletzt in den durch die Höhlung um so stärker wirkenden Augen. Der Engel ist ganz und gar hingewandt auf Christus. Nur so, nur in diesem unwandelbaren Hinschauen aus den Herrn und sein Werk ist das andere möglich, daß dem Kämpfenden der Christussieg zuteil wird. Darum handelt es sich hier um ein echtes Meditationsbild. Nicht um eine bloße Möglichkeit geistiger Existenz, die wir uns mit Interesse anschauen könnten. Vielmehr tritt hier die Aufforderung an uns heran, eins zu werden mit dem, was wir schauen, standhaft und fest den Blick auf Christus zu richten und also teilzuhaben an seinem Sieg.

Anmerkung:
Michaelsbrief 1938

Evangelische Jahresbriefe 1951, S. 202-203

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 15-12-01
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