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Christus wider den Antichrist
Vor 50 Jahren
von Hans-Dietrich Paus

LeerIn diesem Jahr wird sich zum 50. Mal der Tag der „Reichskristallnacht” jähren. Mit der Zerstörung der jüdischen Gotteshäuser wurde deutlicher als zuvor ein Fanal der Zerstörung, der Verfolgung und der Gewalt gesetzt. Sozusagen dämonische Mächte wurden freigesetzt, die fast ein ganzes Volk ergriffen hatten. Vielleicht war es nicht ohne tiefsinnige Bedeutung, daß Heinz-Dietrich Wendland in den „Evangelischen Jahresbriefen” 1938 eine Einführung in die Offenbarung des Johannes gegeben hat. Wie sich gezeigt hat, wurden die Visionen von den vier apokalyptischen Reitern (Offenbarung 6, 1-8), die Krieg, Zerfleischung der Völker, Hunger und Tod brachten, am Ende Wirklichkeit. Daß nur die wenigsten diese Zeichen tatsächlich erkannt haben, wissen wir heute. Unter diesem Gesichtspunkt bekommen die Auslegungen von Heinz-Dietrich Wendland, damals Theologie-Professor in Kiel, eine neue Qualität, auch im Blick auf die begonnene Zerstörung der Schöpfung und den Unfrieden in der Welt. Die folgenden Auszüge sind entnommen aus dem Fasten- und dem Osterbrief 1938.

LeerDie Schau Gottes und seiner Herrlichkeit und die Vision von der Anbetung des Lammes sind Grund und Ursprung alles dessen, was im Buche des Sehers weiter folgt. Wir lesen es nur dann recht, wenn wir beide beständig vor unserem Auge behalten. Denn nicht auf die Vorhersagung schauerlicher Begebenheiten in der Endzeit der Welt kommt es Johannes an, sondern auf die Bezeugung und gleichnishafte Schau der göttlichen Gerichte. Diese Gerichte beginnen nun zu wirken, indem das Lamm die Siegel des Gottesbuches öffnet. Sie sind aber alle, so viele ihrer auch in den sieben Siegel-, den sieben Posaunen-, den sieben Schalenvisionen und den sieben Gesichten vom Falle Babels geschildert werden, nur vorlaufende Plagen für die gottlose Menschheit und teilweise Erschütterungen der kosmischen Ordnungen, sind nur Anfang und nicht Ende. Deutlich wird jedoch sichtbar, wie sie sich zu immer schrecklicherer Größe und Wucht steigern.

LeerUnter der Öffnung der ersten vier Siegel 6, 1-8 beschreibt der Seher das Kommen der vier „apokalyptischen Reiter”, gerufen von den vier Wesen am Throne Gottes. All die furchtbaren und dämonischen Gestalten, die Johannes erschaut, sind Werkzeuge des göttlichen Zornes und müssen seinem Willen dienen. Der erste Reiter bringt die Not des Krieges; darum ist er als siegreicher Kämpfer dargestellt, bewaffnet mit dem alten orientalischen Kriegs- und Königszeichen, dem Bogen. Auch Jesus verkündet unter den Plagen der Endzeit das Kommen von Kriegen (Mark. 13, 7). Der zweite Reiter bringt Aufruhr und innere Zerfleischung der Völker in die Welt, der dritte Mißernte, Hungersnot und Teuerung, so daß die bloße Nahrung den ganzen Tageslohn verzehrt (6, 6). Der vierte Reiter bringt den Tod über einen großen Teil der Menschheit, ihm folgt die „Totenwelt” (Luther übersetzt fälschlich „Hölle”), d. h. wohl der endlose Heereszug der von ihm Dahingerafften. Aber alle diese Gerichte sind begrenzt, als Zeichen Gottes, die auf das kommende Weltgericht erst nur hinweisen. So hat auch der Glaube unserer Väter in großen Katastrophen der Natur und der Geschichte den Finger Gottes gesehen. Sie hatten von Johannes gelernt, alles Weltgeschehen vom kommenden Ende der Welt her zu begreifen. Heute muß die Kirche von neuem um den prophetischen Geist bitten, der dies zu tun vermag.

LeerDie ganze Weltsicht und das Christusbild des Johannes stehen und fallen mit der Gewißheit, daß es übermenschliche, übergeschichtliche und doch in der Menschheit und ihrer Geschichte wirkliche und real eingreifende Mächte des Dämonischen gibt. Nur stehen sie nie wie gleichberechtigte Partner Gott gegenüber: wie sie durch die Engel Gottes entbunden werden, so muß auch ihr entfesseltes Wirken den letzten Zielen Gottes dienen. Das dämonische Ungewitter sollte (9, 20-21) die gottlose Menschheit zur Buße führen. Darauf zielen diese vorlaufenden Zorneswirkungen hin. Aber die Menschheit, die am Leben geblieben ist, bekehrt sich nicht. Sie ist in ihrer Gottlosigkeit erstarrt, sie dient weiter den Götzen und Dämonen. Je näher dem Ende zu, desto weniger Buße, desto mehr Verstockung, Götzendienst und Ungerechtigkeit allen Tuns. Der Seher hat es tief begriffen, daß der Unglaube eine gewaltige Machtwirkung mit sich führt, die allenthalben die Herzen verschließt. Und ist der Gedanke der sich steigernden Macht und Entfesselung des Dämonischen und des glaubenslosen Ungehorsams wirklich bloß eine seltsame, gleichsam „negative” Entwicklungsidee, wie heutige Theologen meinen? Die Gerichte Gottes treiben das Satanische ganz heraus, und eben sein völliges, ungehemmtes Herauskommen, Wüten und Toben ist der Anfang seines Endes.

Quatember 1988, S. 34-35

© Joachim Januschek
Letzte Änderung: 13-03-02
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